Ho-Chi-Minh-Stadt

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Es wurde Zeit für mich, El Nido und den Philippinen auf Wiedersehen zu sagen. Vorher stand jedoch noch ein Flug nach Manila an – vom kleinsten Flughafen, den ich je gesehen hatte. So weit ich weiß, wird El Nido nur von einer Airline angesteuert – Air Swift. Die Suche nach dem richtigen Gate gestaltet sich dementsprechend einfach. Die Entfernung von El Nido nach Ho-Chi-Minh-Stadt ist nicht dramatisch – dennoch sollte es (mit Aufenthalten in Manila und Kuala Lumpur und einer dreistündigen Verspätung) knapp 20 Stunden dauern, bis ich endlich vietnamesischen Boden berührte! Die Einreise, das Geldabheben und der obligatorische Kauf einer SIM-Karte gestaltete sich dann dankenswerterweise recht unkompliziert. Trotzdem war ich froh, als ich endlich von meinem freundlichen Uber-Fahrer beim Himalaya Phoenix Hostel (das ich sehr empfehlen kann!) abgesetzt wurde.

Ho-Chi-Minh-Stadt, ehemals Saigon genannt, ist seit 1975 die Hauptstadt des wiedervereinigten Vietnams und die größte Stadt des Landes. Die Metropole besteht aus 19 Distrikten – die meisten Reisenden werden sich jedoch hauptsächlich im ersten Distrikt aufhalten. Hier im Zentrum der Stadt befinden sich die meisten Touristenattraktionen, Hotels und Hostels. Der Disktrikt ist nicht zu groß, um zu Fuß erkundet zu werden, und so suchte ich mir eine schöne Route aus, um die wichtigsten Attraktionen abzuschreiten. Beim Laufen bestätigte sich mein Eindruck vom Vortag: Ho-Chi-Minh-Stadt ist eine riesige, laute, überfüllte Stadt, jedoch meiner Meinung nach nicht auf unangenehme Weise. Auf meinem verrückte-Großstadt-Index würde sie noch deutlich unter Mumbai rangieren, etwa gleichauf mit Manila. Einschüchternd ist natürlich der Verkehr: Auf den Straßen tummeln sich unzählige Motorroller neben den wenigen Autos und das Überqueren der breiten Straßen kann zur Herausforderung werden. Meiner Erfahrung nach hat der Wahnsinn auf den Straßen jedoch Methode und man bekommt mit der Zeit ein Gefühl dafür, auch als Fußgänger im Verkehrsfluss mit zu fließen. Auch wenn die Luft von den vielen Vehikeln stark verpestet ist, gibt es viele Bäume und Parks, und die Stadt hat definitiv ihre schönen Seiten.

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Mein erster Anlaufpunkt war der Ben Thanh-Markt. Ohne Anstalten, etwas zu kaufen, schlenderte ich durch den geschäftigen Markt – beziehungsweise versuchte ich zu schlendern. Die Verkaufsversuche der Händler waren jedoch derart penetrant, dass ich schnell einen Gang zulegte. Hier bekommt man alles von Fisch, über Gemüse bis Kleidung, Schmuck und Kunstwerke. Kann man sich einmal ansehen, wenn man ohnehin in Distrikt 1 ist.

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Wer Trockenfrüchte mag, kann hier gleich kiloweise zuschlagen!

Es ging weiter zum Wiedervereinigungspalast. Das geschichtsträchtige Gebäude kann man auch von innen besichtigen – der Preis von 40.000 VND (1,4 Euro) erschien mir jedoch etwas zu hoch. Diese Meinung wurde von anderen Reisenden, die ich in Ho-Chi-Minh-Stadt traf, bestätigt.

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Ich wollte dieses Geld lieber für eine andere Attraktion ausgeben, auf die ich sehr gespannt war: Das War Remnants Museum. Obwohl der Vietnamkrieg nun bereits seit über 40 Jahren vorbei ist, wird man noch an vielen Orten in Distrikt 1 daran erinnert – sei es in Form von Mahnmahlen oder Plakaten. Im War Remnants Museum erfährt man mehr über den Krieg, der über 3 Millionen Vietnamesen das Leben kostete und für die Supermacht USA die größte Demütigung ihrer Geschichte darstellte. Das Museum bietet neben Exponaten wie Flugzeugen, Hubschraubern und Waffen auch eine Sonderausstellung über ein Kriegsgefangenen-Lager in Saigon. Diese stellt die grausame Behandlung der Gefangenen in den Vordergrund und ist definitiv nichts für schwache Nerven. Insgesamt sind viele der Ausstellungen – etwa über Kriegsverbrechen und die Auswirkungen des Entlaubungsmittels Agent Orange – sehr bedrückend und verstörend. Etwas Vorwissen über den Vietnamkrieg sollte man ebenfalls mitbringen, da ein grober historischer Überblick kaum gegeben wird. Einen Großteil der Sammlung machen Kriegsfotografien aus, die wirklich sehr interessant, in ihrer Fülle jedoch erschlagend sind. Das Museum bemüht sich, auch die amerikanische Perspektive auf den Krieg zu zeigen – etwa in der Sonderausstellung über die Anti-Kriegs-Bewegung in den USA – bleibt dabei jedoch recht einseitig. Dies soll nicht als Vorwurf gemeint sein oder einen der schlimmsten Aggressionskriege der neueren Geschichte verharmlosen. Französische und amerikanische Kriegsverbrechen zu dokumentieren, ist wichtig zur Aufarbeitung dieses Konflikts. Informationen zu nordvietnamesischen Kriegsverbrechen – etwa Gräueltaten gegen die eigene Bevölkerung, systematische Exekutionen von Zivilisten während der Tet-Offensive und die Misshandlung amerikanischer Kriegsgefangener sucht man im Museum jedoch vergeblich. Es wäre natürlich auch unfair, westliche Standards auf die vietnamesische Regierung anzuwenden, die den Vietnamkrieg als triumphales Symbol und auch als Einnahmequelle braucht – wie der Bericht über meinen Besuch der Cu Chi Tunnel näher beleuchten wird.

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Während des Krieges wurden über 7 Millionen Tonnen Bomben über Vietnam abgeworfen.

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Nach dem War Remnants Museum ging es weiter zum Phuoc Hai Tempel, auch als Jade-Kaiser-Pagode oder Schildkrötenpagode bekannt. Der buddhistische Tempel ist nicht besonders groß, aber besonders im Innenraum sehr prächtig gestaltet. In einem kleinen Becken kann man Schildkröten ansehen, die jedoch ein recht trostloses Dasein fristen. Insgesamt ist mir die nicht-artgerechte Haltung von Tieren während meines Aufenthalts in Saigon noch öfter aufgefallen. Trotzdem ein interessanter Ort, an dem man sich von der Hektik der Hauptstraßen erholen kann.

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Nach einem letzten Abstecher zu Notre Dame, der Kathedrale Saigons, die aber leider geschlossen war, machte ich mich zurück auf den Weg zum Hostel.

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Das Postamt von Saigon am Ende der Walking Street

Wer nachts in Distrikt 1 unterwegs ist und einen unvergesslichen Blick auf die Lichter der Großstadt genießen will, dem kann ich die Air 360 Sky Lounge ans Herz legen. In luftiger Höhe kann man dort essen, trinken und die Skyline bestaunen. Doch Backpacker aufgepasst: Mit Flip Flops und Shorts kommt man dort nicht hinein, auch nicht mit Diskussionen. Turnschuhe sollten es mindestens sein und auch dann wird man sich in der Bar neben den Locals, der High Society von Saigon, sehr schäbig vorkommen. Die Happy Hour ist von 18:00 bis 21:00 Uhr. In dieser Zeit bekommt man locker zwei Cocktails für 5 Euro – teuer für Saigon aber unschlagbar, wenn man die Location berücksichtigt!

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Wer weiterfeiern will, den wird es auf die berühmte Walking Street ziehen. Vergleiche mit Khaosan Road in Bangkok liegen nahe – hier reiht sich Bar an Bar, Restaurant an Restaurants, Tausende von Touristen und Locals drängen sich durch die Straße, die für Autos gesperrt ist. Ein Haufen bildhübscher Vietnamesinnen stehen bereit, sich als „Freundinnen“ westlicher Besucher anzubieten, und ich wage zu behaupten, man kann in dieser Straße so ziemlich alles bekommen, wenn man nur richtig fragt. Ich hatte eine zweitägige Tour im Mekong-Delta vor mir, so begnügte ich mich mit ein paar Drinks und Billard, bevor ich mich auf den Rückweg in mein Hostel machte. Insgesamt gefällt mir Ho-Chi-Minh-Stadt sehr gut, besonders zum Ausgehen, und ich hätte kein Problem damit, hier noch 1, 2 Tage mehr zu verbringen.

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