Vietnam ist groß, sehr groß; beinahe doppelt so groß wie Deutschland. Das Gute ist, dass das Land sehr schmal und lang ist. Bis auf Ausnahmen – Touristen, die aus Laos oder Kambodscha anreisen – werden die meisten Reisenden ihre Tour also entweder in Saigon oder Hanoi beginnen und sich dann in Richtung Norden bzw. Süden aufmachen. Dennoch sind die Entfernungen zwischen den Städten gewaltig, wie meine Reise von Saigon nach Da Nang exemplarisch zeigt. Wie kann man dieses Land also möglichst effizient und dabei noch günstig und möglichst bequem bereisen?
Die meisten Reisenden werden mit dem Flugzeug ankommen, entweder in Saigon oder in Hanoi. Doch Vietnam besitzt viele gut ausgebaute Flughäfen und Flugreisen im Land sind nicht teuer. Ich habe zum Beispiel für einen Flug von Hanoi nach Saigon nur etwa 50 Euro bezahlt bei sehr später Buchung.
Innerhalb der großen Städte wie Saigon, Hanoi oder Da Nang kommt man mit dem Taxi relativ schnell und günstig voran (günstiger als in Deutschland zumindest). Vorsicht ist jedoch bei der Auswahl der Taxis geboten. Dass man nicht gleich mit jedem Taxifahrer mitgeht, der anbietet, einen besonders günstig zum gewünschten Ort zu fahren, sollte sich von selbst verstehen. Man sollte zumindest die Registrierung des Wagens checken und darauf bestehen, dass der Fahrer den Taxameter anstellt. Dies minimiert das Risiko einer Abzocke ohne dieses ganz zu beseitigen. Zum Glück gibt es in den größeren Städten wie Saigon, Hanoi und Da Nang die Taxi-App „Grab“. Mir dieser weiß man immer genau, mit wem man fährt und wie viel man am Ende zahlen muss. Man sollte nur aufpassen, wirklich die App zu benutzen und keine wartenden Grab-Fahrer auf der Straße anzusprechen. Diese mögen die grüne Grab-Uniform und sogar den Helm tragen; es handelt sich jedoch trotzdem oft um betrügerische Motorradfahrer, die gerne einmal das Zehnfache des normalen Fahrpreises verlangen. Wie überall in Vietnam ist auch hier Vorsicht geboten.

Innerhalb der Städte, aber auch für Kurzstrecken, z.B. von Da Nang nach Hoi An oder Dong Hoi nach Phong Nha, sind öffentliche Busse die günstigste Option. Eine einstündige Fahrt sollte nicht mehr als 1 Euro kosten. Die Schaffner sind zwar nicht zimperlich und bugsieren die Fahrgäste aus unerfindlichen Gründen zu ihrem Sitzplatz. Dies ist jedoch keineswegs unfreundlich gemeint oder auf Touristen beschränkt. Vereinzelt soll es noch vorkommen, dass Weiße den doppelten Fahrpreis der Einheimischen zahlen müssen. Dies sollte sich jedoch mit der Einführung von offiziellen Stadtbussen in Grenzen halten und ist mir nie passiert.
Legt man längere Strecken zurück und will nicht fliegen, kommt man mit dem Zug oder dem Reisebus recht günstig weg. Über den Wiedervereinigungszug und seine Vor- und Nachteile habe ich bereits im Beitrag über Da Nang geschrieben. Wer im Norden Vietnams unterwegs ist, sollte definitiv zumindest einmal mit dem Zug fahren, auch wegen der wunderschönen Landschaft. Das Ticket kann man auch online kaufen; davon würde ich jedoch abraten, da die Preise deutlich höher sind als am Bahnhof. Außerdem empfehle ich Reisenden, die größer als 1,70 m sind und den Nachtzug nehmen möchten, die teuerste Option, „soft bed“, da die anderen Betten eher für Vietnamesen als für Westler gebaut sind.

Eine lohnenswerte Alternative zum Nachtzug ist der sog. „Sleeper Bus“. In diesem bekommt man eine Liege, auf der man seine Beine zwar nicht komplett ausstrecken kann, die ich jedoch trotzdem so komfortabel fand, dass ich sofort eingeschlafen bin. Für mich das definitiv angenehmste Fortbewegungsmittel für Überlandfahrten. Auch hier gilt: Natürlich kann man das Ticket online buchen und dann in Dollar bezahlen. Die Busunternehmen posten auf ihren Seiten gerne Horrorstories von völlig überfüllten Bussen, die man Tage im Voraus buchen muss, oder von übel gesinnten Betrügern, die ahnungslose Reisende in den falschen Bus zerren. Die wahren Abzocker sind jedoch meiner Meinung nach die Webseiten-Betreiber, die mit diesen völlig übertriebenen Berichten Touristen dazu bringen wollen, ein überteuertes Online-Ticket zu erstehen. Wie gesagt sollte das Hostel oder Hotel der erste Ansprechpartner für Busreisen sein.
Will man Vietnam auf eigene Faust erkunden, ohne auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein, wird man um ein Motorrad kaum herumkommen. Ein bei vielen Reisenden beliebtes Vorgehen ist es, sich entweder in Saigon oder in Hanoi für wenige hundert Euro ein Motorrad zu kaufen, mit diesem Richtung Norden oder Süden zu fahren und es dort mit geringem Preisverlust weiter zu verkaufen. Ich habe viele Reisende getroffen, die diese Option gewählt haben. Der Vorteil ist natürlich die absolute Freiheit, jederzeit überall hin reisen zu können, wo man will. Besonders der Norden Vietnams ist landschaftlich reizvoll und mit dem Motorrad kommt man auch in die Ecken, die bei Touristen nicht so bekannt sind. Ein Nachteil sind jedoch die weiten Entfernungen: Vietnam ist, wie schon gesagt, groß. Es dauert dementsprechend ewig, von einem Ort zum anderen zu kommen. Teilweise wird man 7, 8 Stunden auf stark befahrenen, mit Abgasen verpesteten Autobahnen fahren müssen, um von einem touristisch auch nur halbwegs interessanten Ort zum anderen zu gelangen – für mich keine reizvolle Vorstellung. Auch der Zustand des Motorrads kann ein Problem sein, da diese Maschinen zwar günstig sind, jedoch von Backpacker zu Backpacker weiterverkauft und nicht immer fachgerecht gewartet werden. Vietnam ist ein Land voller Motorradfahrer, dementsprechend gibt es auch an jeder Ecke eine Werkstatt mit Ersatzteilen. Doch ohne Fachkenntnis (die den meisten Reisenden fehlt) wird man auch hier leicht über den Tisch gezogen. Man mag von einem freundlichen Mechaniker angesprochen werden, der sich Sorgen um den Zustand des Motorrads macht. Dieses oder jenes Teil sollte aus Sicherheitsgründen dringend einmal ausgewechselt werden, aber hey – die Entscheidung liegt natürlich beim Fahrer. Was macht man also als ahnungsloser Hobby-Biker? Glaubt man dem Fremden und lässt die Reparatur durchführen, die sich jedoch als überteuert, unnötig oder im schlimmsten Fall als völliger Pfusch erweisen könnte? Oder geht man das Risiko ein, mit einem defekten Motorrad weiter zu fahren, am besten noch auf schlechten Straßen mitten im Nirgendwo?
Ein weiteres Problem, dessen man sich bewusst sein sollte, ist die Gesetzeslage. Trotz grassierender Falschinformationen ist diese eindeutig: Das Fahren in Vietnam ohne vietnamesischen Führerschein ist illegal. Ein internationaler Führerschein reicht dazu nicht aus, die Fahrerlaubnis muss in Vietnam erworben worden sein. Was bedeutet dies in der Praxis? In 99% der Fälle wird dies kein Problem darstellen. Mit wenigen Ausnahmen (z.B. Mui Ne im Süden) lässt die Polizei Ausländer auf Motorrädern in Ruhe, weil sie sich nicht auf den Papierkram und die schwierige Verständigung einlassen will. Im schlimmsten Fall könnte man angehalten und mit einer Konfiszierung des Motorrads bedroht werden, was natürlich ungünstig ist. In diesem Fall wird ein Bestechungsgeld fällig, dessen Höhe verhandelbar ist und sich nach den finanziellen Mitteln des Fahrers richten wird. 200.000 Dong wurden mir oft genannt, ich habe aber auch schon von Summen von 100 – 300 Euro gehört. Ich persönlich wurde nie angehalten und habe auch nur Erfahrungen aus zweiter Hand gehört. Das Problem korrupter Polizisten scheint also nur an ein paar Streckenabschnitten zu bestehen.
Eine ganz reelle Gefahr sind natürlich Unfälle auf der Straße. Während Crashs im dichten Chaos der Großstädte wie Saigon und Hanoi häufig vorkommen, aber aufgrund der geringen Geschwindigkeit meist glimpflich ausgehen, sieht es auf Überlandfahrten anders aus. Dieser Tipp mag in einem heißen Land nicht auf viel Verständnis stoßen, aber es kann eine gute Idee sein, sich zum Motorradfahren lange Kleidung anzuziehen. Dies kann unbequem sein, aber z.B. bei Unfällen auf Schotterstraßen den Unterschied zwischen einer leichten Prellung und einer offenen, infizierten Wunde ausmachen (mit eigenen Augen gesehen – ist nicht spaßig!). Dass man Fahrten bei Nacht tunlichst vermeiden sollte, versteht sich eigentlich von selbst. Nicht nur sind viele Straßen schlecht ausgeleuchtet, auch viele Vietnamesen fahren aus unerfindlichen Gründen im Dunkeln ohne Licht und kommen einem dann im besten Fall noch als Geisterfahrer entgegen. Überhaupt ist Vietnam kein Ort für Raser oder Draufgänger. Man sollte sich dem Verkehr anpassen und im Zweifelsfall etwas langsamer fahren, denn noch einmal: Auch wenn in den meisten Fällen (wie bei mir) nichts Schlimmes passiert – man ist immer noch illegal unterwegs. Das heißt, im Falle eines Unfalles wird man auf den Kosten sitzen bleiben, ohne dass die Haftpflichtversicherung auch nur einen Cent zahlt! Im schlimmsten Falle kann man strafrechtlich belangt werden bzw. muss ganz tief in die Tasche greifen, um dies zu verhindern

Meine Empfehlung? Es gibt so viele verschiedene Wege, in Vietnam von A nach B zu kommen, dass man sich nicht auf einen festlegen muss. In landschaftlich reizvollen, verkehrsberuhigten Gegenden wie Ninh Binh und Phong Nha empfehle ich es wirklich, einen Motorroller zu mieten. Das Risiko eines schweren Unfalls ist hier bei angemessener Fahrweise wirklich gering. Das Befahren des ganzen Landes mit dem Motorrad würde ich jedoch nur Reisenden empfehlen, die über viel Sitzfleisch, eine gute Konstitution und idealerweise Erfahrung mit Motorrädern empfehlen. Die Fahrt ist natürlich ein Erlebnis und immer für eine Story im Hostel gut, kann aber bei mangelnder Vorbereitung zu mehr Frust als Urlaubsvergnügen führen.
Im Bus oder Zug kann man sich entspannen, und wenn man unter Zeitdruck ist, wird auch ein gelegentlicher Flug kein großes Loch in den Geldbeutel fressen. Ich habe alle hier beschriebenen Fortbewegungsmittel ausprobiert und würde allen Vietnamreisenden empfehlen, das gleiche zu tun, bis man die Methode gefunden hat, die einem am meisten zusagt. Die günstigste Alternative ist natürlich immer noch Laufen und auch dafür wird man in diesem Land ausreichend Gelegenheit haben…