In diesem Artikel habe ich dir gezeigt, wie man mit dem Schreiben Geld verdienen kann. Nun soll es um das Handwerkszeug gehen. Wie schreibe ich einen guten Text, der meinen Auftraggeber und den Leser zufrieden stellt? Natürlich bin ich nicht der Papst des SEO-Textens und lerne selbst kontinuierlich dazu. Auch hat jeder seinen individuellen Stil. Ich habe jedoch in meiner Zeit als Reiseautor viel Feedback erhalten, das mir geholfen hat, besser und effektiver Texte zu verfassen. Diese Tipps möchte ich mit dir teilen:
1. Die Recherche
Bevor das erste Wort auf das Blatt kommt, steht die Recherche. Diese kann mal mehr, mal weniger ausführlich ausfallen. Einen Ort, an dem du drei Monate gelebt hast, wirst du einfacher beschreiben können als ein Reiseziel, von dem du noch nie gehört hast. Über Strandurlaub in Südostasien kann ich mehr erzählen als über Wanderreisen an der Ostsee. Doch wenn du nur über Orte schreibst, die du kennst, wirst du am Anfang wahrscheinlich nur wenige Aufträge annehmen können. Wie also über ein wenig oder gar nicht bekanntes Reiseziel schreiben?
Brainstorming
Klischees sind ein zweischneidiges Schwert. Einerseits erleichtert das Verallgemeinern uns Menschen das Denken – ein evolutionärer Vorteil. Andererseits wirkt ein Text, der nur aus Stereotypen besteht, schnell platt. Wenn du ein Reiseziel ausgesucht hast, schreib doch einmal alles auf, was du damit verbindest. Paris – Eiffelturm und Croissants, Hawaii – Traumstrände und Surfen, Schweiz – Kuckucksuhren und Käse. Das hat zwei Vorteile: Zum einen hast du schon einmal etwas auf dem Blatt stehen (nichts ist furchteinflößender für einen Autor als eine leere Seite). Zum anderen kannst du bei der weiteren Recherche überprüfen, ob diese Meinungen und Klischees wirklich stimmen. Der Leser möchte überrascht werden. Vielleicht denkt er etwa beim Reiseziel Toronto an kanadische Wildnis, Wandern und Skifahren. Doch wenn du ihm schreibst, dass er dort auch am Strand liegen kann – und das in nächster Nähe zur Innenstadt – hast du seinen Horizont erweitert und machst ihn neugierig, das Reiseziel zu besuchen.
Wikipedia
Klar, die größte freie Enzyklopädie des World Wide Web hat etwas Anrüchiges. Auf der Uni hat man dir wahrscheinlich beigebracht, einen großen Bogen um Wikipedia zu machen. Aber du bist nicht (mehr) an der Uni, und du bist in Zeitdruck, wenn du deinen Text irgendwann fertig kriegen willst. Wikipedia bietet dir vor allem eins: übersichtliche Daten und Fakten. Wie groß ist das Reiseziel? Wie viele Leute leben dort? Wie ist die Flora und Fauna, was sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten? Diese Informationen bilden das Skelett des Textes, das du in einem nächsten Schritt mit Fleisch ergänzt.
Mache dir selbst ein Bild
Du kannst nicht jedes Reiseziel selbst besuchen. Wenn das so wäre, hätte ich bereits über 100 Länder bereist. Aber unsere moderne Technologie bringt dich der persönlichen Erfahrung so nah wie noch nie. Öffne Google Maps und gib dein Ziel ein. Wie sieht es von oben aus? Wie wirkt es auf den Fotos? Immer mehr Städte werden komplett als lebensechte 3D-Karten rekonstruiert. So kannst du dir etwa ein Gebäude aus allen möglichen Perspektiven ansehen. Wie sind seine Ausmaße im Vergleich zur Umgebung? Gibt es auffällige Merkmale, über die du schreiben könntest? Irgendjemand schreibt, von Punkt X hätte man eine gute Aussicht auf Ort Y, aber stimmt das auch? Aktiviere Google Street View und mach dir dein eigenes Bild. Unternimm einen virtuellen Rundgang durch das Reiseziel – natürlich immer im realistischen Rahmen angesichts der Vergütung für deinen Artikel.
Bewertungen
Du hast den Auftrag, über die Copacabana in Rio de Janeiro zu schreiben. Wikipedia hat dir die wichtigsten Daten geliefert und dank Google Maps weisst du, wo der Strand liegt, wie weit er vom Stadtzentrum entfernt ist und welche Sehenswürdigkeiten sich dort befinden. Doch dies ist nur das Gerüst. Kaum ein Auftraggeber wird dich dafür bezahlen, eine reine Beschreibung zu liefern. Du musst für den Strand werben, damit der Kunde über die Seite ein Hotelzimmer genau hier bucht. Dafür musst du die Stärken des Strandes herausstellen. Was gefällt den Menschen hier? Warum kommen sie her? Was zeichnet ihn gegenüber anderen Stränden aus? Zum Glück kann heute jeder seine Meinung zu allem abgeben. Sieh dir die Bewertungen auf Google Maps und TripAdvisor an und übernimm (natürlich paraphrasiert) Kommentare, die du hilfreich findest. Manchmal sollst du vielleicht auch über negative Seiten und Alternativen schreiben. Dann sind Bewertungen noch wichtiger. Doch achte auf das Alter der Kommentare: Keinen Menschen interessiert heute, wie toll man 2005 auf Borocay Party machen konnte. Das gleiche gilt für Eintrittspreise, Öffnungszeiten und andere Informationen, die sich schnell ändern.
Die Gliederung
Der erste Schritt ist getan: Du bist ein Experte für dein Reiseziel geworden (im Rahmen des Erforderlichen) und hast genug Input gesammelt, um darüber zu schreiben. Wie du anfängst, hängt nun ganz von deinem Stil und vor allem vom Auftrag ab. Im einfachsten Fall ist es ein Listenartikel, in dem du verschiedene Orte nacheinander abhandelst. Aber vielleicht bist du auch komplett frei in deiner Gliederung: Beschreibst du z.B. eine Stadt, könntest du über jeden Stadtteil einen Abschnitt schreiben. Oder du nimmst die Perspektive des Lesers ein. Was kann man dort machen? Ein Abschnitt könnte Freizeitmöglichkeiten für Familien behandeln, ein anderer Museen und Kultur, ein anderer Natur und Outdoor-Aktivitäten. Wie auch immer du vorgehst: Eine gute Gliederung ist das A und O. Nicht nur hilfst du dem Leser, sich in deinem Text zurecht zu finden, auch du behältst so die Übersicht. Wahrscheinlich hast du eine maximale Anzahl an Wörtern zur Verfügung, etwa 1.000 Wörter. Da wäre es blöd, wenn du 700 Wörter im ersten Absatz schreibst, der Text aber noch fünf weitere Absätze haben soll. Nutze das „Wörter zählen“-Tool in Word und überprüfe ab und zu, ob du dich noch im Rahmen bewegst. Sonst musst du am Ende ganze Teile deines Geschriebenen wieder löschen. Hast du den Text gegliedert, kannst du die einzelnen Abschnitte hin und herschieben, wie es dir beliebt und am meisten Sinn macht. Die Königsdisziplin stellen dann sinnvolle und elegante Überleitungen dar, die für einen glatten Lesefluss sorgen. Diese sind umso wichtiger, wenn es keine Zwischenüberschriften gibt.
Viele Kunden verlangen eine Einleitung, die den Leser emotional packt und zum Weiterlesen anregt. Diese schreibst du idealerweise am Schluss, wenn du weißt, was du eigentlich einleitest. So macht es wenig Sinn, in der Einleitung die tollen Strände von Barbados anzupreisen, wenn im Text kein einziger Strand vorkommt. Auch geht es in der Einleitung weniger um Fakten als um Emotionen. Hier kannst du mit breiten Pinselstrichen arbeiten, um ein Stimmungsbild deines Reiseziels zu zeichnen, oder wie ich es gerne sage: die Seele des Ortes einfangen. Die Details kommen dann im Hauptteil. Eine abschließende Zusammenfassung kann den Artikel abrunden, ich bin aber kein großer Freund davon. Wenn der Leser sich deinen Artikel bis zum Schluss durchgelesen hat (was ohnehin nur selten vorkommt), hat er sich die für ihn wichtigen Informationen bestimmt schon herausgezogen. Ein Schluss bläht den Artikel meist nur unnötig auf. Wenn nicht ausdrücklich vom Kunden gewünscht, würde ich ihn also weglassen.
Tipps für einen eleganten Schreibstil
Die Gliederung steht, die Seite ist voller Notizen, Zahlen und Daten, Satzfragmenten und Formulierungen. Zeit, das Ganze in eine gut lesbare Form zu bringen. Dein Artikel kann noch so vor gut recherchierten, wertvollen Informationen strotzen – wenn er nicht gut geschrieben ist, wird niemand ihn lesen. Das Formulieren ist eine Kunst – zum Glück, sonst wären alle Werbetexter schon längst von Robotern ersetzt worden. Und während es gut und richtig ist, seinem eigenen Stil treu zu bleiben, gibt es einige Tipps, die du beachten solltest, um deinen Text interessant und leicht lesbar machen:
Vermeide Wortwiederholungen.
Sieh dir folgenden Satz an: „Mallorca bietet vielfältige Freizeitmöglichkeiten. Neben malerischen Stränden lockt die Insel Gäste auch mit malerischer Natur und vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten“. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Jeder hat seine Lieblingswörter, die sich immer wieder in den Text einschleichen. „Malerisch“ ist definitiv eines meiner malerischen Lieblingswörter J Wortwiederholungen sind jedoch ein No-Go bei Artikeln, da sie den Text eintönig machen. Bei einem Satz ist das Finden von gleichen Wörtern noch einfach. Aufwändiger ist da schon das Durchforsten ganzer Textpassagen. Zum Glück schickte mir eine Texter-Kollegin den Link zu einem Tool, das sie gebastelt hat. Das Programm durchsucht automatisch den Text, den ihr eingebt, auf wiederkehrende Wörter und markiert diese. Natürlich: Manchmal lassen sich Wortwiederholungen nicht vermeiden. Oder wie viele Synonyme für Strand kennt ihr? Küstenabschnitt? Sandiger Meeresvorplatz? Fällt euch wirklich kein Synonym ein, solltet ihr einen Thesaurus zu Rate ziehen. Zu kreative Formulierungen lassen den Text jedoch unfreiwillig komisch wirken. Meine Faustregel: Das gleiche Wort sollte nie mehr als 3 Mal in einem Abschnitt von etwa 200 Wörtern vorkommen. Und wenn doch, niemals zweimal direkt hintereinander.
Variiere die Satzanfänge.
Ein weiteres Beispiel: „Rügen ist ein Paradies für Wanderer. Malerische Wanderwege führen an hoch erhobenen Steilklippen entlang. Viele Vogelarten bewohnen die uralten Birkenwälder. Die Strände laden zum Baden ein. Restaurants und Strandbars sorgen für das leibliche Wohl der Gäste.“ Was haben diese Sätze gemeinsam? Richtig, sie fangen alle mit dem Subjekt an. Noch zwei Abschnitte dieser Art und jeder Leser legt den Artikel garantiert gelangweilt weg. Variantenreiche Satzanfänge sind das Salz in der Suppe des Textens. Sie halten die Aufmerksamkeit des Lesers hoch und schmeicheln unserem ästhetischen Empfinden. Also einfach einmal mit dem Objekt des Satzes anfangen, oder einer Präposition. „Im Sommer lohnt sich ein Ausflug nach XY…“, „Entspannten Badespass verspricht der See Z…“
Spiele mit verschiedenen Satzarten.
Variierende Satzanfänge sind ein Muss. Verschiedene Satzarten lockern den Artikel weiter auf und sorgen für Abwechslung beim Lesen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer rhetorischen Frage? Gerne auch in Kurzform: „Oder soll es ein abgelegener Küstenabschnitt sein? Dann empfiehlt sich ein Abstecher nach…“ Gedankenstriche brechen die Textstruktur ebenfalls wohltuend auf. „Traumstrände, Korallenriffe und geschwungene Hügel – XY ist ein Paradies für Outdoor-Freunde.“ Besonders bei werbenden Artikeln bietet sich auch die direkte Ansprache des Lesers an: „Den besten Espresso in Rom genießen Sie bei…“ Das geht bis zur direkten Aufforderung: „Lassen Sie sich bei einer Schönheitsbehandlung im Hotel XY verwöhnen.“ Als Faustregel gilt: Je informativer und formeller der Artikel sein soll, desto weniger rhetorische Fragen, Einschübe und Anreden darf er enthalten. Doch bei Werbeartikeln wird das Eingehen auf den Leser sogar ausdrücklich gewünscht, um eine emotionale Beziehung aufzubauen.
Fasse dich kurz.
Ja, wir Deutschen mögen lange Sätze. Für unlesbare Wortungetüme muss man nicht einmal die Werke Kants und Hegels zur Hand nehmen. Wer wie ich das Vergnügen hatte, Oberstufen-Klausuren zu korrigieren, weiß, was ich meine. Verständlich eigentlich. Ein Punkt ist so abschließend, so definitiv, und oft ist man so schön im Gedankenfluss… Aber es leuchtet wohl jedem ein: Kurze Sätze sind leichter verständlich als lange. Mehr als drei Kommas sollte kein Satz enthalten und ich halte mich an die Regel: Lässt sich ein Satz sinnvoll teilen, dann mache ich das aus. Als Beispiel dieser Satz: „Neben dem Kunsthaus von Zürich, in dem bedeutende europäische Maler aus fünf Jahrhunderten hängen, kommen Kunstfreunde auch bei den zahlreichen Galerien der Stadt, von denen sich viele rund um das Handwerkerquartier befinden, auf ihre Kosten.“ Dieses Ungetüm lässt sich mindestens noch einmal zerteilen, ohne dass auch nur ein Quäntchen an Information verloren geht. Nur kurze Sätze sind natürlich auch nicht empfehlenswert. Dann wirkt der Text zu abgehackt. Den einen oder anderen Schachtelsatz würde ich meinen Lesern schon zumuten, alleine der Abwechslung halber. Es ist der gesunde Mix, der einen Text interessant macht.
Drücke dich präzise aus.
Vor allem Reiseberichte sind eine subjektive Angelegenheit. Kein Wissenschaftler kann sagen, warum die Leute lieber an Strand A gehen als an Strand B. Auch die Formulierungen in Bewertungsportalen sind meistens sehr persönlich: „Cooler Strand“, „hat mir gefallen“, „Daumen hoch“… Die Kunst bei der Beschreibung von Reisezielen ist es nun, diese Subjektivität auszudrücken, ohne gleichzeitig zu schwammig zu formulieren. Ein Beispiel: „Der Königspalast von Bangkok gehört zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.“ Das kann schon sein, aber warum? Schau dir dieses Bild an: Was macht diesen Ort so schön? Sind es die Ausmaße, die Proportionen? Der Glanz der Edelsteine oder wie das goldene Dach im Sonnenlicht glänzt? Hab keine Angst davor, das Offensichtliche zu schreiben, denn der Leser hat vielleicht keine Ahnung, wie der Palast von Bangkok aussieht. Es geht darum, den Leser zu überzeugen, am besten durch anschauliche Beispiele. Weitere stark subjektive Wörter sind „groß“ und „ruhig“. „Badegäste finden an der Nordküste einen großen, ruhigen Strand.“ Nicht besonders überzeugend, oder? Wenn du noch ein paar Wörter übrig hast, schreibe doch lieber: „Badegäste finden an der Nordküste einen 7 Kilometer langen Strand, der dank seiner abgeschiedenen Lage immer noch zu den Geheimtipps der Insel gehört.“
Feinschliff und Korrekturen
Es ist vollbracht: Der Artikel ist geschrieben, strotzend vor Informationen und Mehrwert für den Leser. Zum Schluss steht natürlich noch das Korrigieren von Rechtschreib- und Grammatikfehlern. Danach mache ich sofort eines: Ich lege den Text weg und mache etwas anderes. Viele Fehler fallen mir nämlich erst auf, wenn ein bisschen Abstand zu meinem Machwerk gewonnen habe – meistens einen halben Tag. Dann fällt mir plötzlich noch eine viel bessere Formulierung ein. Oder ich merke, dass die eine oder andere Information vielleicht für den Leser gar nicht so interessant ist. Das Ausmerzen von Fehlern ist natürlich eine Sisyphus-Arbeit. Wenn ich merke, dass meine Konzentration nachlässt, lese ich mir den Artikel laut vor. Oder ich gebe ihn in die Maske des Textportals ein und überliege ihn noch einmal. Doch irgendwann muss Schluss sein, denn wir sind alle nur Menschen. Wenn ihr einen Fehler nach dreimaligem Korrekturlesen nicht gefunden hat, wird ihn der Leser wahrscheinlich auch nicht finden.
Habt ihr den Text korrigiert, gebt ihr ihn in die Hände eures Auftraggebers oder Lektors – mit dem Wissen, dass ihr einen Schritt weiter seid, der beste Reiseautor aller Zeiten zu werden. Und natürlich in freudiger