Tipps zum erfolgreichen Texte-Schreiben

In diesem Artikel habe ich dir gezeigt, wie man mit dem Schreiben Geld verdienen kann. Nun soll es um das Handwerkszeug gehen. Wie schreibe ich einen guten Text, der meinen Auftraggeber und den Leser zufrieden stellt? Natürlich bin ich nicht der Papst des SEO-Textens und lerne selbst kontinuierlich dazu. Auch hat jeder seinen individuellen Stil. Ich habe jedoch in meiner Zeit als Reiseautor viel Feedback erhalten, das mir geholfen hat, besser und effektiver Texte zu verfassen. Diese Tipps möchte ich mit dir teilen:

1. Die Recherche

Bevor das erste Wort auf das Blatt kommt, steht die Recherche. Diese kann mal mehr, mal weniger ausführlich ausfallen. Einen Ort, an dem du drei Monate gelebt hast, wirst du einfacher beschreiben können als ein Reiseziel, von dem du noch nie gehört hast. Über Strandurlaub in Südostasien kann ich mehr erzählen als über Wanderreisen an der Ostsee. Doch wenn du nur über Orte schreibst, die du kennst, wirst du am Anfang wahrscheinlich nur wenige Aufträge annehmen können. Wie also über ein wenig oder gar nicht bekanntes Reiseziel schreiben?

Brainstorming

Klischees sind ein zweischneidiges Schwert. Einerseits erleichtert das Verallgemeinern uns Menschen das Denken – ein evolutionärer Vorteil. Andererseits wirkt ein Text, der nur aus Stereotypen besteht, schnell platt. Wenn du ein Reiseziel ausgesucht hast, schreib doch einmal alles auf, was du damit verbindest. Paris – Eiffelturm und Croissants, Hawaii – Traumstrände und Surfen, Schweiz – Kuckucksuhren und Käse. Das hat zwei Vorteile: Zum einen hast du schon einmal etwas auf dem Blatt stehen (nichts ist furchteinflößender für einen Autor als eine leere Seite). Zum anderen kannst du bei der weiteren Recherche überprüfen, ob diese Meinungen und Klischees wirklich stimmen. Der Leser möchte überrascht werden. Vielleicht denkt er etwa beim Reiseziel Toronto an kanadische Wildnis, Wandern und Skifahren. Doch wenn du ihm schreibst, dass er dort auch am Strand liegen kann – und das in nächster Nähe zur Innenstadt – hast du seinen Horizont erweitert und machst ihn neugierig, das Reiseziel zu besuchen.

Wikipedia

Klar, die größte freie Enzyklopädie des World Wide Web hat etwas Anrüchiges. Auf der Uni hat man dir wahrscheinlich beigebracht, einen großen Bogen um Wikipedia zu machen. Aber du bist nicht (mehr) an der Uni, und du bist in Zeitdruck, wenn du deinen Text irgendwann fertig kriegen willst. Wikipedia bietet dir vor allem eins: übersichtliche Daten und Fakten. Wie groß ist das Reiseziel? Wie viele Leute leben dort? Wie ist die Flora und Fauna, was sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten? Diese Informationen bilden das Skelett des Textes, das du in einem nächsten Schritt mit Fleisch ergänzt.

Mache dir selbst ein Bild

Du kannst nicht jedes Reiseziel selbst besuchen. Wenn das so wäre, hätte ich bereits über 100 Länder bereist. Aber unsere moderne Technologie bringt dich der persönlichen Erfahrung so nah wie noch nie. Öffne Google Maps und gib dein Ziel ein. Wie sieht es von oben aus? Wie wirkt es auf den Fotos? Immer mehr Städte werden komplett als lebensechte 3D-Karten rekonstruiert. So kannst du dir etwa ein Gebäude aus allen möglichen Perspektiven ansehen. Wie sind seine Ausmaße im Vergleich zur Umgebung? Gibt es auffällige Merkmale, über die du schreiben könntest? Irgendjemand schreibt, von Punkt X hätte man eine gute Aussicht auf Ort Y, aber stimmt das auch? Aktiviere Google Street View und mach dir dein eigenes Bild. Unternimm einen virtuellen Rundgang durch das Reiseziel – natürlich immer im realistischen Rahmen angesichts der Vergütung für deinen Artikel.

Bewertungen

Du hast den Auftrag, über die Copacabana in Rio de Janeiro zu schreiben. Wikipedia hat dir die wichtigsten Daten geliefert und dank Google Maps weisst du, wo der Strand liegt, wie weit er vom Stadtzentrum entfernt ist und welche Sehenswürdigkeiten sich dort befinden. Doch dies ist nur das Gerüst. Kaum ein Auftraggeber wird dich dafür bezahlen, eine reine Beschreibung zu liefern. Du musst für den Strand werben, damit der Kunde über die Seite ein Hotelzimmer genau hier bucht. Dafür musst du die Stärken des Strandes herausstellen. Was gefällt den Menschen hier? Warum kommen sie her? Was zeichnet ihn gegenüber anderen Stränden aus? Zum Glück kann heute jeder seine Meinung zu allem abgeben. Sieh dir die Bewertungen auf Google Maps und TripAdvisor an und übernimm (natürlich paraphrasiert) Kommentare, die du hilfreich findest. Manchmal sollst du vielleicht auch über negative Seiten und Alternativen schreiben. Dann sind Bewertungen noch wichtiger. Doch achte auf das Alter der Kommentare: Keinen Menschen interessiert heute, wie toll man 2005 auf Borocay Party machen konnte. Das gleiche gilt für Eintrittspreise, Öffnungszeiten und andere Informationen, die sich schnell ändern.

Die Gliederung

Der erste Schritt ist getan: Du bist ein Experte für dein Reiseziel geworden (im Rahmen des Erforderlichen) und hast genug Input gesammelt, um darüber zu schreiben. Wie du anfängst, hängt nun ganz von deinem Stil und vor allem vom Auftrag ab. Im einfachsten Fall ist es ein Listenartikel, in dem du verschiedene Orte nacheinander abhandelst. Aber vielleicht bist du auch komplett frei in deiner Gliederung: Beschreibst du z.B. eine Stadt, könntest du über jeden Stadtteil einen Abschnitt schreiben. Oder du nimmst die Perspektive des Lesers ein. Was kann man dort machen? Ein Abschnitt könnte Freizeitmöglichkeiten für Familien behandeln, ein anderer Museen und Kultur, ein anderer Natur und Outdoor-Aktivitäten. Wie auch immer du vorgehst: Eine gute Gliederung ist das A und O. Nicht nur hilfst du dem Leser, sich in deinem Text zurecht zu finden, auch du behältst so die Übersicht. Wahrscheinlich hast du eine maximale Anzahl an Wörtern zur Verfügung, etwa 1.000 Wörter. Da wäre es blöd, wenn du 700 Wörter im ersten Absatz schreibst, der Text aber noch fünf weitere Absätze haben soll. Nutze das „Wörter zählen“-Tool in Word und überprüfe ab und zu, ob du dich noch im Rahmen bewegst. Sonst musst du am Ende ganze Teile deines Geschriebenen wieder löschen. Hast du den Text gegliedert, kannst du die einzelnen Abschnitte hin und herschieben, wie es dir beliebt und am meisten Sinn macht. Die Königsdisziplin stellen dann sinnvolle und elegante Überleitungen dar, die für einen glatten Lesefluss sorgen. Diese sind umso wichtiger, wenn es keine Zwischenüberschriften gibt.

Viele Kunden verlangen eine Einleitung, die den Leser emotional packt und zum Weiterlesen anregt. Diese schreibst du idealerweise am Schluss, wenn du weißt, was du eigentlich einleitest. So macht es wenig Sinn, in der Einleitung die tollen Strände von Barbados anzupreisen, wenn im Text kein einziger Strand vorkommt. Auch geht es in der Einleitung weniger um Fakten als um Emotionen. Hier kannst du mit breiten Pinselstrichen arbeiten, um ein Stimmungsbild deines Reiseziels zu zeichnen, oder wie ich es gerne sage: die Seele des Ortes einfangen. Die Details kommen dann im Hauptteil. Eine abschließende Zusammenfassung kann den Artikel abrunden, ich bin aber kein großer Freund davon. Wenn der Leser sich deinen Artikel bis zum Schluss durchgelesen hat (was ohnehin nur selten vorkommt), hat er sich die für ihn wichtigen Informationen bestimmt schon herausgezogen. Ein Schluss bläht den Artikel meist nur unnötig auf. Wenn nicht ausdrücklich vom Kunden gewünscht, würde ich ihn also weglassen.

Tipps für einen eleganten Schreibstil

Die Gliederung steht, die Seite ist voller Notizen, Zahlen und Daten, Satzfragmenten und Formulierungen. Zeit, das Ganze in eine gut lesbare Form zu bringen. Dein Artikel kann noch so vor gut recherchierten, wertvollen Informationen strotzen – wenn er nicht gut geschrieben ist, wird niemand ihn lesen. Das Formulieren ist eine Kunst – zum Glück, sonst wären alle Werbetexter schon längst von Robotern ersetzt worden. Und während es gut und richtig ist, seinem eigenen Stil treu zu bleiben, gibt es einige Tipps, die du beachten solltest, um deinen Text interessant und leicht lesbar machen:

Vermeide Wortwiederholungen.

Sieh dir folgenden Satz an: „Mallorca bietet vielfältige Freizeitmöglichkeiten. Neben malerischen Stränden lockt die Insel Gäste auch mit malerischer Natur und vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten“. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Jeder hat seine Lieblingswörter, die sich immer wieder in den Text einschleichen. „Malerisch“ ist definitiv eines meiner malerischen Lieblingswörter J Wortwiederholungen sind jedoch ein No-Go bei Artikeln, da sie den Text eintönig machen. Bei einem Satz ist das Finden von gleichen Wörtern noch einfach. Aufwändiger ist da schon das Durchforsten ganzer Textpassagen. Zum Glück schickte mir eine Texter-Kollegin den Link zu einem Tool, das sie gebastelt hat. Das Programm durchsucht automatisch den Text, den ihr eingebt, auf wiederkehrende Wörter und markiert diese. Natürlich: Manchmal lassen sich Wortwiederholungen nicht vermeiden. Oder wie viele Synonyme für Strand kennt ihr? Küstenabschnitt? Sandiger Meeresvorplatz? Fällt euch wirklich kein Synonym ein, solltet ihr einen Thesaurus zu Rate ziehen. Zu kreative Formulierungen lassen den Text jedoch unfreiwillig komisch wirken. Meine Faustregel: Das gleiche Wort sollte nie mehr als 3 Mal in einem Abschnitt von etwa 200 Wörtern vorkommen. Und wenn doch, niemals zweimal direkt hintereinander.

Variiere die Satzanfänge.

Ein weiteres Beispiel: „Rügen ist ein Paradies für Wanderer. Malerische Wanderwege führen an hoch erhobenen Steilklippen entlang. Viele Vogelarten bewohnen die uralten Birkenwälder. Die Strände laden zum Baden ein. Restaurants und Strandbars sorgen für das leibliche Wohl der Gäste.“ Was haben diese Sätze gemeinsam? Richtig, sie fangen alle mit dem Subjekt an. Noch zwei Abschnitte dieser Art und jeder Leser legt den Artikel garantiert gelangweilt weg. Variantenreiche Satzanfänge sind das Salz in der Suppe des Textens. Sie halten die Aufmerksamkeit des Lesers hoch und schmeicheln unserem ästhetischen Empfinden. Also einfach einmal mit dem Objekt des Satzes anfangen, oder einer Präposition. „Im Sommer lohnt sich ein Ausflug nach XY…“, „Entspannten Badespass verspricht der See Z…“

Spiele mit verschiedenen Satzarten.

Variierende Satzanfänge sind ein Muss. Verschiedene Satzarten lockern den Artikel weiter auf und sorgen für Abwechslung beim Lesen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer rhetorischen Frage? Gerne auch in Kurzform: „Oder soll es ein abgelegener Küstenabschnitt sein? Dann empfiehlt sich ein Abstecher nach…“ Gedankenstriche brechen die Textstruktur ebenfalls wohltuend auf. „Traumstrände, Korallenriffe und geschwungene Hügel – XY ist ein Paradies für Outdoor-Freunde.“ Besonders bei werbenden Artikeln bietet sich auch die direkte Ansprache des Lesers an: „Den besten Espresso in Rom genießen Sie bei…“ Das geht bis zur direkten Aufforderung: „Lassen Sie sich bei einer Schönheitsbehandlung im Hotel XY verwöhnen.“ Als Faustregel gilt: Je informativer und formeller der Artikel sein soll, desto weniger rhetorische Fragen, Einschübe und Anreden darf er enthalten. Doch bei Werbeartikeln wird das Eingehen auf den Leser sogar ausdrücklich gewünscht, um eine emotionale Beziehung aufzubauen.

Fasse dich kurz.

Ja, wir Deutschen mögen lange Sätze. Für unlesbare Wortungetüme muss man nicht einmal die Werke Kants und Hegels zur Hand nehmen. Wer wie ich das Vergnügen hatte, Oberstufen-Klausuren zu korrigieren, weiß, was ich meine. Verständlich eigentlich. Ein Punkt ist so abschließend, so definitiv, und oft ist man so schön im Gedankenfluss… Aber es leuchtet wohl jedem ein: Kurze Sätze sind leichter verständlich als lange. Mehr als drei Kommas sollte kein Satz enthalten und ich halte mich an die Regel: Lässt sich ein Satz sinnvoll teilen, dann mache ich das aus. Als Beispiel dieser Satz: „Neben dem Kunsthaus von Zürich, in dem bedeutende europäische Maler aus fünf Jahrhunderten hängen, kommen Kunstfreunde auch bei den zahlreichen Galerien der Stadt, von denen sich viele rund um das Handwerkerquartier befinden, auf ihre Kosten.“ Dieses Ungetüm lässt sich mindestens noch einmal zerteilen, ohne dass auch nur ein Quäntchen an Information verloren geht. Nur kurze Sätze sind natürlich auch nicht empfehlenswert. Dann wirkt der Text zu abgehackt. Den einen oder anderen Schachtelsatz würde ich meinen Lesern schon zumuten, alleine der Abwechslung halber. Es ist der gesunde Mix, der einen Text interessant macht.

Drücke dich präzise aus.

Vor allem Reiseberichte sind eine subjektive Angelegenheit. Kein Wissenschaftler kann sagen, warum die Leute lieber an Strand A gehen als an Strand B. Auch die Formulierungen in Bewertungsportalen sind meistens sehr persönlich: „Cooler Strand“, „hat mir gefallen“, „Daumen hoch“… Die Kunst bei der Beschreibung von Reisezielen ist es nun, diese Subjektivität auszudrücken, ohne gleichzeitig zu schwammig zu formulieren. Ein Beispiel: „Der Königspalast von Bangkok gehört zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.“ Das kann schon sein, aber warum? Schau dir dieses Bild an: Was macht diesen Ort so schön? Sind es die Ausmaße, die Proportionen? Der Glanz der Edelsteine oder wie das goldene Dach im Sonnenlicht glänzt? Hab keine Angst davor, das Offensichtliche zu schreiben, denn der Leser hat vielleicht keine Ahnung, wie der Palast von Bangkok aussieht. Es geht darum, den Leser zu überzeugen, am besten durch anschauliche Beispiele. Weitere stark subjektive Wörter sind „groß“ und „ruhig“. „Badegäste finden an der Nordküste einen großen, ruhigen Strand.“ Nicht besonders überzeugend, oder? Wenn du noch ein paar Wörter übrig hast, schreibe doch lieber: „Badegäste finden an der Nordküste einen 7 Kilometer langen Strand, der dank seiner abgeschiedenen Lage immer noch zu den Geheimtipps der Insel gehört.“

Feinschliff und Korrekturen

Es ist vollbracht: Der Artikel ist geschrieben, strotzend vor Informationen und Mehrwert für den Leser. Zum Schluss steht natürlich noch das Korrigieren von Rechtschreib- und Grammatikfehlern. Danach mache ich sofort eines: Ich lege den Text weg und mache etwas anderes. Viele Fehler fallen mir nämlich erst auf, wenn ein bisschen Abstand zu meinem Machwerk gewonnen habe – meistens einen halben Tag. Dann fällt mir plötzlich noch eine viel bessere Formulierung ein. Oder ich merke, dass die eine oder andere Information vielleicht für den Leser gar nicht so interessant ist. Das Ausmerzen von Fehlern ist natürlich eine Sisyphus-Arbeit. Wenn ich merke, dass meine Konzentration nachlässt, lese ich mir den Artikel laut vor. Oder ich gebe ihn in die Maske des Textportals ein und überliege ihn noch einmal. Doch irgendwann muss Schluss sein, denn wir sind alle nur Menschen. Wenn ihr einen Fehler nach dreimaligem Korrekturlesen nicht gefunden hat, wird ihn der Leser wahrscheinlich auch nicht finden.

 

Habt ihr den Text korrigiert, gebt ihr ihn in die Hände eures Auftraggebers oder Lektors – mit dem Wissen, dass ihr einen Schritt weiter seid, der beste Reiseautor aller Zeiten zu werden. Und natürlich in freudiger

Geld verdienen mit dem Texte-Schreiben

Geld verdienen von zuhause oder auf Reisen – das ist für viele ein Traum. Viele Reisende führen einen Blog, den sie liebevoll pflegen. Warum also nicht für andere Leute schreiben und damit Geld verdienen? Ich verfasse seit etwa einem Jahr Werbetexte im Bereich Tourismus und bestreite damit inzwischen nicht nur auf Reisen meinen Lebensunterhalt. In diesem Artikel will ich euch zeigen, wie das geht und wie viel ihr damit verdienen könnt.

  1. Wer bezahlt für Artikel im Bereich Tourismus?

Reiseanbieter und Hotelseiten benötigen alle eines: eine gute Platzierung bei Google. Logisch: Wer auf Seite 1 der Ergebnisse landet, wird angeklickt und verdient damit bares Geld. Um ihr Suchmaschinen-Ranking zu verbessern – Search Engine Optimization oder SEO ist das Stichwort – brauchen diese Seiten gute Texte. Diese sollten bestimmte Key Words beinhalten, denn jedes Keyword generiert im Durchschnitt einen bestimmten Gewinn für die Website, wenn Kunden draufklicken. Gleichzeitig müssen die Texte hochwertig sein, denn niemand liest gerne einen stinklangweiligen, schlecht aufgebauten Artikel, der vor Rechtschreibfehlern nur so strotzt. Aufgrund dieser Nachfrage nach guten Artikeln haben sich einige Agenturen etabliert, die Auftraggebern mit selbstständigen Textern zusammenbringen. Und hier kommt ihr ins Spiel.

  1. Was muss ich mitbringen?

Um mit dem Schreiben loszulegen, braucht ihr eigentlich nur einen Computer und einen Internetzugang. Da ihr eure Artikel online abschickt, könnt ihr von überall arbeiten. Wenn eure Texte angenommen werden, erhaltet ihr das Geld auf euer Bankkonto. Was ihr natürlich mitbringen solltet, ist Freude am Schreiben und eine sichere Beherrschung der deutschen Sprache, denn: ihr seid Freelancer und werdet pro Wort bezahlt. Euer Stundenlohn richtet sich danach, wie schnell ihr schreibt. Gleichzeitig sollten die Artikel natürlich qualitativ hochwertig und fehlerfrei sein. Aber keine Angst, mit der Zeit werdet ihr sicherer werden und vor allem schneller. Auch kritikfähig solltet ihr sein, denn es lässt sich nicht vermeiden, dass mal ein Artikel mit Änderungswünschen zurückkommt. Denkt dran: Ihr schreibt für Kunden, die euch dafür bezahlen. Ihr solltet also flexibel sein und euch unterschiedlichen Wünschen anpassen können. Das kann herausfordernd sein ist aber, wie alles andere, eine Frage der Übung.

Es gibt inzwischen mehrere Seiten, auf denen ihr euch anmelden könnt, um als Texter zu arbeiten. Ich stelle im Folgenden drei Webseiten vor, mit denen ich selbst Erfahrungen gemacht habe:

Content.de

Mit dieser Seite habe ich angefangen. Um euch anzumelden, müsst ihr einen Rechtschreib- und Grammatiktest bestehen sowie einen kurzen Probeartikel einreichen. Dann werdet ihr vom Content-Team je nach Qualität eures Textes eingestuft, von 2 bis 5 Sternen. Dies ist wichtig, denn jeder Kunde kann entscheiden, welche Stufe sein Auftrag haben soll. Als Stufe 4-Autor könnt ihr auch nur Aufträge der Stufe 4 oder niedriger annehmen. Je nach Stufe erhaltet ihr einen bestimmten Betrag pro geschriebenem Wort: Auf der niedrigsten Stufe sind es 0,80 Cent pro Wort, auf der höchsten 4,50 Cent pro Wort. Kein großes Taschengeld. Daneben gibt es die Direct Orders, bei der euch Kunden direkt einen Auftrag erteilen. Hier könnt ihr den Wortpreis selbst festlegen. So weit die Basics. Ich habe für content.de nur wenige Texte geschrieben, weil der Auftragspool im Bereich Tourismus sehr mager ist. Darum gehe ich gleich weiter zur nächsten Textbörse:

Textbroker.de

Die älteste Textbörse im deutschsprachigen Raum funktioniert ähnlich wie content.de, auch die Verdienstmöglichkeiten sind in etwa gleich. Ihr erstellt euren Account und reicht einen Probetext ein. Anschließend erhaltet ihr eine Einstufung von 2 bis 5 Sternen, die sich verbessern kann, wenn ihr konstant gute Qualität abliefert. Eure Texte werden nämlich nicht nur von den Auftraggebern, sondern auch vom Textbroker-Team bewertet. Ich wurde nach etwa 6 Monaten auf 5 Sterne hochgestuft, womit mir besser bezahlte Aufträge zur Verfügung standen. Was mir erst einmal nichts gebracht hat, denn ähnlich wie auf content.de existieren im Bereich Tourismus kaum Aufträge mit 5 Sternen. Beim Großteil handelt es sich um 4 Sterne-Texte, die mit 1,5 Cent pro Wort bezahlt werden. Der große Vorteil an einer 5-Sterne-Bewertung ist, dass Kunden auf euch aufmerksam werden und euch mit etwas Glück sog. Direct Orders erteilen. Aber dazu in einem eigenen Abschnitt mehr.

Nach eurer Einstufung könnt ihr Aufträge aus dem Pool annehmen. Die Kategorien entsprechen ungefähr denen von content.de, nur dass im Bereich Reisen und Tourismus deutlich mehr Aufträge zu finden sind. Seit ich angemeldet bin, waren immer mindestens 20 Aufträge gleichzeitig verfügbar. Reiseanbieter scheinen also Textbroker.de zu bevorzugen. Habt ihr euren Text geschrieben und alle geforderten Keywords untergebracht, schickt ihr den Artikel ab. Die Plagiatprüfung läuft im Hintergrund. Wenn sie Alarm schlägt, bekommt ihr den Text zur Überarbeitung zurück. Ein wichtiger Unterschied: Anders als bei content.de könnt ihr hier nur einen Auftrag gleichzeitig annehmen. Erst wenn ihr ihn abschickt, ist der Auftragspool für euch wieder sichtbar. Nimmt der Kunde euren Text an, erhaltet ihr das Geld gutgeschrieben. Ansonsten bekommt ihr ihn zur Änderung zurück. An dieser Stelle wird es Zeit für einen kleinen Exkurs.

Was passiert bei Uneinigkeiten zwischen Auftraggeber und Autor?

Als Texter versucht ihr natürlich, die Vorgaben des Briefings zu erfüllen. Dennoch kommt es manchmal zu Unstimmigkeiten, wenn der Artikel nicht den Wünschen eures Auftraggebers entspricht. Wenn ihr mit den Änderungswünschen nicht einverstanden seid, könnt ihr euch an den Textbroker-Support wenden, der versucht, schlichtend einzugreifen. Das ist mir persönlich bisher nur einmal passiert: Ein Kunde gab einen Text über die 10 schönsten Sehenswürdigkeiten in Dubai in Auftrag und lehnte meinen Artikel ab, weil er zwei Sehenswürdigkeiten nicht enthielt, die der Kunde gerne drin gehabt hätte. Stattdessen sollte ich zwei andere Sehenswürdigkeiten streichen. Der Support riet mir, das mit dem Kunden zu klären, was ich auch tat. Ich schrieb zurück, dass ich es nicht einsehe, etwas am Text zu ändern, das aus dem Original-Briefing nicht ersichtlich ist. Aus Kulanz änderte ich jedoch eine Sehenswürdigkeit und der Kunde nahm den Text schließlich an. Ob der Textbroker-Support zu seinen oder meinen Gunsten entschieden hätte, kann ich nicht sagen. Ich denke aber, man sollte eine gesunde Mitte finden: Einerseits sollte man sich auch als Auftragnehmer nicht alles gefallen lassen und nicht jede ungerechte Forderung erfüllen. Etwas Entgegenkommen ist jedoch angebracht, denn: ein unzufriedener Kunde könnte euch mit einer schlechten Bewertung eure Statistik versauen und: Zufriedene Kunden sind eher bereit, euch Direct Orders zu erteilen, die eure Verdienstmöglichkeiten steigern. Wie gesagt, das war der einzige Konflikt mit einem Kunden. Ansonsten bin ich mit Textbroker.de sehr zufrieden. Das Interface ist übersichtlich und einfach zu bedienen, der Auftragspool ist immer voll und die Kunden meistens sehr umgänglich. Der Verdienst kann zu Beginn etwas mager ausfallen, steigert sich jedoch mit der Zeit.

Team Orders und Direct Orders zur Verdienststeigerung

Zusätzlich zu den Open Orders, die alle Autoren annehmen dürfen, solange sie die erforderliche Einstufung haben, gibt es noch zwei weitere Kategorien: Team Orders stehen einer bestimmten Gruppe von angemeldeten Textern zur Verfügung. Es gibt offene Teams, denen jeder beitreten kann, und geschlossene Teams, in die man eingeladen wird. Die Honorare in den geschlossenen Teams sind meistens, aber nicht immer, höher als die Vergütung für Open Orders. Direct Orders erhaltet ihr, wie der Name schon sagt, von Auftraggebern, die euch direkt anschreiben. Das Interessante: Hier könnt ihr den Preis selbst bestimmen. Standardmäßig werden Direct Orders mit 2,8 Cent pro Wort vergütet: Das ist doppelt so viel wie das Honorar für offene Aufträge.

Trips by Tips

Update 2019: Die Texter-Plattform Trips by Tips fusionierte mit dem Berliner Anbieter Greatcontent.de. Sobald ich erste Erfahrungen als Autor gesammelt habe, kommt hier mein Feedback.

 

Verdienstmöglichkeiten und eigene Erfahrungen

 

Wie viel lässt sich nun mit dem Schreiben realistischerweise verdienen? Oder konkreter: Wie viel verdiene ich im Moment mit dem Schreiben?

Wie gesagt, verfasse ich seit einiger Zeit nur noch Texte für textbroker und Tripsbytips, nachdem auf content.de nur noch wenige Aufträge in meinem Fachgebiet verfügbar sind. Die schlechte Nachricht zuerst: Am Anfang habe ich mit dem Schreiben fast nichts verdient. Das war zum einen der schlechten Vergütung für Open Orders geschuldet – 1,5 Cent pro Wort sind nun einmal nicht besonders viel. Zum anderen war ich noch viel zu langsam und zu perfektionistisch. Man muss sich schon fragen, wie viel Zeit und Aufwand man in einen Artikel stecken sollte, der einem gerade einmal 6 Euro einbringt. Doch das Schreiben gefiel mir und das positive Feedback ermutigte mich, dran zu bleiben. Mit der Zeit wurde ich schneller: Aus einer Seite in zwei Stunden wurden schnell zwei, aus 5 Euro Stundenlohn immerhin 6, dann 7 und so weiter. Außerdem fing ich an zu recyclen. Natürlich kann ich nicht den gleichen Artikel zweimal abgeben, schon gar nicht, wenn ich am ersten Artikel kein Copyright mehr habe. Aber das schöne an Reiseberichten ist ja: Die Ziele sind oft die gleichen: So brauche ich vielleicht etwas mehr Zeit für einen Artikel über ein Reiseziel, mit dem ich mich überhaupt nicht auskenne. Beim zweiten Text zum gleichen Thema spare ich mir aber schon den Rechercheaufwand und kann bereits vorhandene Ideen einfach umformulieren. Dazu kam nach einiger Zeit der Qualitätsbonus von TripsbyTips, immerhin ein Drittel mehr Geld. Und natürlich noch der Vielschreiberbonus, wenn ich fleißig war.

Meine größte Verdienststeigerung kam jedoch durch die Direct Orders auf textbroker.de. Die Kunden sehen sowohl eure Bewertung als auch die Anzahl der Texte, die ihr bereits erfolgreich abgegeben habt. Viele Auftraggeber suchen nach erfahrenen Autoren und sind bereit, für gute Qualität ein paar Euro mehr auszugeben. So kamen mit der Zeit Anfragen von Direktkunden, die mir einen erfreulichen Zustrom an Aufträgen bescherten und immer noch bescheren. Ich bin mittlerweile geübt genug im Texten, dass ich an einem durchschnittlichen Tag etwa 1.500 Wörter schreibe – ungefähr 3 Word-Seiten also. Dafür bekomme ich 42 Euro. Meistens schreibe ich 5 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche, das ergibt einen monatlichen Verdienst von 1.092 Euro. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass ich dafür nicht einmal das Haus verlassen muss. Wenn ich im Moment in Deutschland leben würde, und nicht im viel günstigeren Thailand, würde ich auch noch 500 Wörter am Tag mehr schreiben. Mehr als 2.000 Wörter am Tag halte ich jedoch für unrealistisch. Auch das Schreiben ist auf Dauer anstrengend, und das nicht nur für die Tippfinger. Auch würde die Qualität der Texte wahrscheinlich darunter leiden. Obwohl ich mit den hier vorgestellten Textbörsen zufrieden bin, ist es mein langfristiges Ziel, mich von Seiten wie Tripsbytips und textbroker zu lösen und mir einen Stamm von Kunden aufzubauen, die mich direkt bezahlen. Doch im Moment bin ich mit dem Verdienst im Verhältnis zum Arbeitsaufwand mehr als zufrieden.

Habt ihr Lust, selbst Vollzeit als Texter zu arbeiten? Oder wollt ihr einfach nur eure Reisekasse aufbessern. Dann seht euch diese Tipps von mir an, die euch dabei helfen, mit dem Texten anzufangen.

 

 

Why I stopped Meditating

From August 2016 to February 2018, after my first Vipassana retreat, I was meditating 2 times a day, mostly 1,5 to 2 hours daily. And while at the time I thought it was helping me immensely with problems like stress and anxiety, I stopped meditating when I started travelling in March 2018. It is obvious, of course, that finding the time to meditate is difficult if you are on the road and do not have a steady schedule. But if I had been motivated enough I would have found a way. And I would have at least meditated during the one month I spent at home in June. But I did not. And I probably will not pick up meditation again anytime soon. I tried to write down the reasons why I stopped meditating, mostly to get some clarity for myself and to paint a realistic picture of what meditation can and cannot do for you if you are interested in the practice.

  1. I don´t see a reason why at the moment

Most spiritual teachers agree that if you meditate to get something out of it, you are doing it wrong. The philosopher Alan Watts writes that one should only meditate for meditation´s sake. Because it is fun (However, I doubt that he has ever sat through a 10-day course, because mostly it´s not fun at all). However, most people, including myself, pick up mindfulness as a form of medication, a remedy against the ailments of modern life: workplace stress, anxiety, mind fog, addiction, you name it… I was struggling with these problems when I was still working a 9 to 5. And meditation provided some relief for me, no doubt. However, when I started travelling, and even when I started freelancing to make some money while travelling – all these problems were gone. I suddenly found myself away from the daily grind at home, in a protected bubble where my only responsibility was to make enough money not to starve (which is pretty easy in the cheaper parts of our globe). So with the problems gone, my motivation to meditate was gone as well. But not only did I not need meditation´s benefits anymore, I also felt that the negative side effects were starting to outweigh the positive effects.

S. N. Goenka, the late Vipassana Teacher, says that most people that pick up meditation quit within the first year of their practice. This was not true for me. The first year I saw some wonderful results. It was only after it that meditation became really difficult for me, not easier. This is because meditation peels away at the layers that usually surround and protect your subconscious self: Just like psychotherapy deep meditation strips bare who you really are, without the mask you put on daily: your roles, your self-image, the person you want other people to see in you. Meditation shows you the real you – and you may not like what you see. I found that the more I meditated the more I revealed my true self. And while this is an interesting experience, it is also very difficult emotionally. I think it is a necessary part of developing as a person, but I am not ready for it yet.

Another reason that also has to do with my change in lifestyle is…

2.Meditation does not fit well in to the travelling lifestyle

A big part of Buddhist meditation is the Five Precepts. It is a code of conduct that every meditator – monk, nun or laiety – should adhere to. In sum, a serious meditator should not steal, lie, kill, misbehave sexually (whatever that is supposed to mean) or consume drugs. In a meditation centre the environment is very conducive to keeping the precepts. Because to put it frankly, everything fun is forbidden there. At home I found keeping the precepts more difficult, but still doable. Most of the time I was either at work or alone in my apartment, where nobody would bother me or interfere with my meditation routine. For more than one year I did not dring alcohol, smoke, eat meat, and for some months I was living in celibacy. But try that while travelling, surrounded by fun-loving backpackers, without a steady schedule and in a relaxed atmosphere far away from home or any meditation centre. The temptations were too strong, and just as much as I could not see a reason to meditate anymore, I could not see a reason to stay abstinent. Moreover, I was wondering: Maybe it is harmful not to act on your desires, because involuntary abstinence might turn you into a stiff, judgemental neurotic person without any self-love. Or as the poet William Blake warns in his „Proverbs of Hell“: „He who desires and acts not, breeds pestillence.“ And look at the life story of the Buddha. Was he not brought up in a palace with every form of pleasure, including 40 thousand dancing girls? Do you really think he would have been able to give up desire had he not before fulfilled every possible desire to the point he became tired of it?

S. N. Goenka himself reminded his students that voluntary abstinence is beneficial. And this voluntary abstinence is to come in due time when one keeps meditating. But this poses a problem: To meditate seriously it seems one has to be abstinent. But to be abstinent in a healthy way, one already needs to have a strong meditation practice. This is the first, but by far not the last „hen or egg“-dilemmas Buddhist meditation theory poses.

Of course one could argue that it is possible to meditate without adhering to any moral law, even without believing any religious doctrine. Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR) is a good example for meditation without all the superfluous religious crap. But I do not come from that school of thought. I made my first experiences with meditation in a Buddhist center, and I will forever be hardwired to that experience. I still believe that morality is an integral part of meditation, as much as dieting is an integral part of working out. You will not build any muscles without the right diet, and you will not achieve a quiet mind without a moral foundation. In one way or the other, your mind will be too unstable to really meditate, because if will be struggling with some sort of guilt that stems from breaking the code of conduct. So if I find myself unable or unwilling to follow even the most basic precepts – why even bother meditate?

The first two reasons are of practical nature, having to do with my change of lifestyle, from a steady job to a nomadic existence. But even if I had remained at home, I would still have found other reasons not to meditate that are more philosophical in nature.

3. You cannot achieve Enlightenment by meditating

Most modern Westerners will pick up meditation for the reasons I have named above: to alleviate stress and anxiety, to increase focus, and to battle addictions. But all those are merely side-effects of meditating. The original aim of practices like meditation, yoga or prayer was to achieve a state of existence free from the frustrations of everyday life – Enlightenment, Nirvana, Moksha, Heaven, Paradise – call it as you want. But here is the problem: According to every Buddhist school I know, you cannot, and I have to stress this, CANNOT achieve enlightenment through sheer will or your own doing. Why is that? The core philosophy of the Buddha is that, a) life is suffering, and b) suffering stems from desiring. The frustration in this worldly existence comes from desiring the things that we do not have and rejecting the things we have. Nirvana, on the other hand, is described as a state of mind free from desiring. S. N. Goenka himself stated in his Q&As: „Nirvana is a state free from desire. So how will you achieve it by desiring it?“ It is impossible. And yet, according to Buddhist lore, the last words of the dying Buddha to his disciples was: „Work out your own liberation.“ This can also be seen in Vipassana Centres where you are constantly reminded that it is you who has to meditate and free your mind – nobody else. And while I can see the benefits of this doctrine of self-agency in a meditation course setting, where you need the incentive to sit on a cushion and try to meditate, the contradiction remains. The same dilemma exists in Christian theology: Is it possible to go to heaven by merit of good deeds? And if not, what is one to do? Of course the idea of Grace comes into play here. God through his own infinite wisdom chooses the people who will go to heaven, long before they were born. Buddhist philosophy seems to be more benevolent, granting that all sentient beings will at one point achieve Enlightenment. This notion is espacially prominent in Zen Buddhism. You cannot achieve Enlightenment, because you are already enlightened. You are already a Buddha without knowing it. So you do not sit in the meditation posture to become a Buddha – this is just the way a Buddha sits. So there is nothing to achieve, nothing to gain.

And while I do not want to touch on the subject of free will versus Determinism too much, this dilemma can easily be fleshed out: You say you chose to meditate, you chose to take your first mindfulness course. But did you really? If you were able to trace back your steps, could you not identify the reasons, the incentives, all the small coincidences that prompted you to take up meditation? And what about your personality? Not every person is mentally or physically able to meditate. Did I choose to be a person that was able and willing to meditate? At what point did I really freely choose to meditate? And if I did not start to meditate out of free will, why would I believe that I stopped meditating out of free will? Maybe stopping meditating was as pre-ordained, necessary and wholesome in the bigger picture – call it Fate, Universal Law or just mere chance – than starting it in the first place. This train of thought rests on very shaky grounds philosophically, but for me it was one more incentive not to force myself to go on meditating when I had a vague feeling that I was not meant to meditate, at least not at this point in time.

4. Why would I want to be enlightened?

Maybe this was also true in times of the Buddha, but it is especially true in our times: Everything, not just material goods, is there to be possessed and enjoyed by us. Just like wealth, careers and relationships, enlightenment is sold as a commodity – something to strive for to make your life more complete. There is no shortage of spiritually inclined blogs telling you „the signs that you are enlightened“, such as „being more creative“, „feeling more connected with other people“ and „caring less about material gains“. And while this pseudo-esoteric bullshit might be flattering for any distressed worker-drone who is looking for a justification to drop out of the machine and to search for something more meaningful – namely enlightenment – the truth is: nobody really knows. Being a concept that transcends intellectual, dualistic thought, Nirvana or Enlightenment cannot be described. The Japanese Zen teacher D. T. Suzuki even scolded Westerners for desiring what they thought to be Nirvana, arguing: „If you have no idea what Nirvana is – how can you be sure you want it?“ Whatever this concept designates, Buddhist scriptures seem to agree that Nirvana is a state of mind without either desire or aversion. In other words, a total acceptance of things the way they are. Pictures of Buddha statues come to mind, smiling on the turmoil of the world from a vantage point that transcends all worldy affairs. To me, Enlightenment seems to be a condition in which all the conflicts, the frustrations and the problems of mundane existence are overcome – a paradise of peace, if you will. But you have to ask yourself the question: Do you want that?

When I went to my first meditation retreat, I was in a very dark place emotionally. I was struggling with my choice of career, work life pressure, and a deep sense of alienation from the people that surrounded me. „A stranger and afraid in a world I never made“, and with my belief in a benevolent God long gone, I was looking for a last straw to better my situation. Mindfulness helped me a lot with its focus on Equanimity. Equanimity for me is the acceptance of everything that happens to you, be it good or bad. There is a famous story of a king who asked his councellors for a gift that would never let him be depressed. He was given a ring with the engraving: „This, too, shall pass.“ Meaning, every experience, terrible or beautiful is impermanent, and therefore ultimately unimportant. The circle of birth and rebirth flings its inhabitants from the highest highs to the lowest lows, and happy is the man who can view the circumstances he happens to be in with the utmost indifference. The concept is pretty similar to the philosophical Stoicism of Marc Aurel and Seneca.

According to Buddhist Equanimity and the philosophy of Stoicism, suffering is not overcome by trying to alleviate it, but by accepting it whole-heartedly and without being touched by it. But I was wondering: What if suffering, and especially being affected by suffering, was actually an integral part of every fulfilled life? And what if the king´s adviser in the story was wrong and being mindful of the permanence of beautiful experiences rendered them meaningless? Isn´t an important part of happiness the irrational, but sweet thought that the happy experience will last forever? Ultimately it seems to come down to this choice: Do you want a balanced life where you are constantly occupying some middle ground between suffering and happiness – a sort of limbo between Heaven and Hell, a blank space derived of sorrow and pleasure? Or do you want the highest highs as well as the lowest lows? Of course nobody consciously wants to suffer, but I deeply believe that suffering, conflict and drama is a big part of what makes life interesting. A life without struggle seems totally boring to me, and not worth living. And I think looking back at the time when I started meditating, I can now see more clearly what was bothering me: It was not so much suffering, but the feeling of being helpless. Psychological research has long explained the concept of „Learned Helplessness“, stating that it is not pain or stress that makes us depressed. Rather it is the feeling of having no control over the situation. Once I had the feeling that I was in control of my own destiny – and meditation played a huge part in this, thankfully – I started to believe that I was actually suffering because I wanted to suffer. I was feeling bad or lonely or anxious because a part of me derived some wierd gratification from that feeling. The Russian writer Dostojewski pointed this out clearly in his „Notes from the Underground“ – Many people actually enjoy feeling wretched, in pain or alienated, and whatever they do to ameliorate their condition, this deeply engrained, masochistic pattern will repeat itself over and over.

If this feeling, this need for suffering, has any importance at all – and I think it does, for good or for bad – I do not believe I should meditate it away and accept suffering equanimously. I might see the benefits of an equanimous mind, but if my sub-counscious being, out of whatever reason, does not want to be equanimous, then there is no point in meditating, at least now. Maybe another way to enlightenment is being un-equanimous, despairing at life so many times until despairing itself becomes boring. Or to quote William Blake a second time: „The fool who persists in his folly may become wise.“

5. Hopes for a better rebirth are futile

Buddhist meditation cannot be seperated from its philosophical background, and this includes the idea of rebirth. According to your deeds, bad or wholesome, you will be reborn in one of 31 planes of existence. Buddhism is often depicted as a form of therapy rather than a religion. Without the antiquated metaphysical baggage that the monotheistic religions still carry around. But this is bullshit. Just look at this depiction of the circle of rebirth and you will see a lot of mythological elements: from the highest beings, the Devas, on top, to the lowest forms, the tortured spirits at the bottom. And make no mistake – there is such a thing as Buddhist hell. Not just one hell, to be exact, but up to 16 – where you are thrown according to your misdeeds in this life. Descriptions of these places of torture make Christian hell look like a walk in the park. So naturally, if you believe in Buddhist philosophy, you will want to be reborn in a higher plane of existence, where it is easier for you to achieve enlightenment and drop out of the circle of birth and rebirth. At the same time, one who believes in Buddhist hell, would do absolutely everything to avoid such a terrible place.

But here comes the other side of the coin: As much as Buddhism stresses the notion of punishment and reward for personal deeds, at the same time it cannot answer the question: Who is this „I“ that will be punished or rewarded? What sets Buddhism apart from, let´s say Hinduism or Christianity for that matter, is that it does not believe in an individual soul that survives your death and will transmigrate into another plane of existence. Rather, everything, including your ego, is comprised of unstable, ever-changing “Dharmas”. And while there is no consensus in Buddhist philosophy weather these Dharmas have every intrinsic existence of their own, what follows from this is that the thing you call “I” or “me” will cease to exist when you die. And if you really think it through – there never was a single unified entity to call “I”. Rather it is a conglomerate of memories, stories that others tell us, thoughts that can be dissolved and changing patterns of behaviour. In fact, the idea of a permanent “ego” is the very thing that Buddhist meditation is trying to overcome, since this Ego-Illusion is the one thing that is responsible for every suffering. However, if I do wrong in this life – break all the precepts, steal, lie, kill, commit crimes, and my personality perishes when I die – who is going to be punished for my deeds?

There has to be reward and punishment because the law of Karma, but really also the law of causation demands it. The German theologian Eugen Drewermann has equated the Buddhist view of Karma with the “conservation of energy”. Every good deed will yield good consequences and every bad deed will yield bad consequences. But for whom? My body will be rotting in the grave and my mind will be dissolved into the Dharmas that made it up in the first place. Who- or whatever will be born and reborn will have nothing to do with who I was in this life. Nothing and everything, of course, because Buddhism includes the notion that there is only one organism, one universe, one Buddha-Nature, and everybody is a part of it. My true self is not this impermanent and fleeing conglomerate of Dharmas, but the Buddha-Mind, the Void, the Body of Christ, however you want to call it. And it is not going anywhere. So to have an incentive to refrain from bad deeds and do good deed, e.g. meditate, I would need to bear in mind that all sentient beings, also the ones that will be born in a worse world because of my actions, share with my a belonging to this all-encompassing consciousness, just like different bodyparts are members of the same body. But do I really care? Intellectually I might. I can even find comfort in the fact that I am part of a higher self that includes all beings.

But evolution, culture or upbringing has planted in me the belief that I am a separate being. For millions of years my ancestors´ survival depended on that belief, and this cannot simply be eradicated by reading a few inspirational scriptures and meditating two hours a day. Evolution has installed in me an unfailing drive for my own happiness. If nothing I do in this life matters for myself when I am dead, why should I care? It seems to me that to be able to care for the consequences of one´s actions for all sentient beings, one would already have to be enlightened. And this brings us back to the problem, which Zen Buddhism so clearly and beautifully points out: In order to achieve Enlightenment, you already have to be enlightened. You become what you are, but only, and this might be a bitter pill to swallow, when you are ready for it.

Summary

Do I think meditation is bad? No. Am I writing this to discourage anyone from meditating? Not at all. If your present state of mind says to you that you should meditate, by all means, do that. The psychological and physical health benefits speak for themselves. However, if you are meditating because you think you can transcend your human condition, reach a higher level of consciousness and be free from pain and suffering – in other words, be enlightened –  just know that enlightenment is an empty concept that is only filled by your own expectations as you „progress“ on the path of meditation. Even if at some point you have the feeling of transcending your usual state of mind – you can never be sure if this feeling has any more importance or intrinsic reality than, let´s say a form of schizophrenia or a drug-induced psychosis. If you have the feeling that meditation helps you, then meditate. If you have the feeling that meditation does not help you, but you wish it would, then maybe find something better to do. All in all, we will never arrive at a truth that defeats all inner and outer doubts. Buddhist meditation might only have a very slim baggage of metaphysical beliefs, but it has some. Buddhism, and this includes Buddhist meditation, is a religion. And religion is only effective if you can believe in it, or suppress the doubts that everything could also be totally different.

To sum up, I think meditation is a wonderful tool. So I would suggest using this tool to improve your life. Try it out at least. If you are the type of person that benefits from meditation, you should see some wonderful results. If not, maybe you are not meant to be meditating at the moment, because whatever powers reside in your sub-consciousness want you to make other experiences. To experience this mundane existence with its joys and sorrows more fully maybe in order to get ready for higher planes of existence. So if you should find that meditation no longer benefits you, maybe you should stop and pick it up later when you are more mature and more open to the deep changes it may bring about. And remember: Even if the concept of enlightenment seems fascinating – if enlightenment exists at all, it is bigger than everything you can imagine. You will not reach this state by desiring it, nor by meditating a lot. Rather if you are meant to be enlightened it will happen in due time, and meditating more might be a side effect of it. I believe the only benchmark by which you can measure the effectiveness of meditation for you is the change you see, or do not see, in everyday life.

 

 

Fight Club – Kapitalismus, Erleuchtung und Männlichkeit

ACHTUNG: enthält Spoiler!

Ich bin endlich einmal dazu gekommen, die Romanvorlage für einen meiner Lieblingsfilme zu lesen – „Fight Club“ von Chuck Palahniuk, im Jahr 1999 mit Edward Norton und Brad Pitt in den Hauptrollen verfilmt. Der Film hält sich (bis auf das Ende und ein paar Details) eng an das Buch, das komplett aus der Sicht des namenlosen Protagonisten geschrieben ist.

Dieser ist etwa 25-35 Jahre alt, arbeitet als Rückrufkoordinator für einen namhaften Autohersteller und leidet unter Schlaflosigkeit. Außerdem ist er mit seinem Leben unzufrieden und wird von Suizidgedanken heimgesucht:

„Jedes mal, wenn das Flugzeug bei Start oder Landung zu scharf in die Kurve ging, betete ich um einen Absturz… Oder einen Zusammenstoß in der Luft.. Irgendwas.“

Durch seine Schlafstörung und Depression verliert der Protagonist immer mehr den Kontakt zur Realität und entwickelt schließlich eine gespaltene Persönlichkeit. Tagsüber arbeitet er als unauffälliger Angestellter, nach dem Schlafengehen jedoch übernimmt sein Alter Ego, Tyler Durden. Dieser verkörpert alles, was der Protagonist nicht ist, aber gerne sein möchte:

„All das, was du immer sein wolltest, das bin ich. Ich sehe aus, wie du aussehen willst. Ich ficke, wie du ficken willst. Ich bin intelligent, begabt und das Wichtigste: Ich hab all die Freiheiten, die du nicht hast.“

Tyler Durden ist die Persönlichkeit, die sich der Protagonist unbewusst selber schafft, um mit seiner ausweglosen Situation fertig zu werden. Der Film gibt deutliche Hinweise, dass beide dieselbe Person sind, der Protagonist entdeckt dies jedoch erst, als es zu spät ist. Zu diesem Zeitpunkt übernimmt Tyler Durden immer mehr die Kontrolle, und wie im Roman Dr. Jeckyl und Mr. Hyde versucht der Protagonist nun verzweifelt, den Schaden, den er Nachts als Tyler Durden angerichtet hat, wieder gut zu machen und seinen destruktiven Plan – Project Mayhem – aufzuhalten. Was sind nun die Wertvorstellungen und Ideen dieses Tyler Durden, des unterdrückten Aspekts in der Seele des Protagonisten? Welche Motive machen den Roman und den Film für Leser und Zuschauer auch 20 Jahre nach seinem Erscheinen noch so faszinierend?

Antimaterialismus und Erleuchtung

Das Buch und der Film spielen sehr stark mit der Oberflächlichkeit des amerikanischen Turbokapitalismus der 90er-Jahre, nach den Steuersenkungen Ronald Reagons und inmitten des Spekulationsbooms an der Wallstreet. Der Film nimmt, ähnlich wie American Psycho, die oberflächliche Juppie-Kultur der 90er Jahre auf die Schippe, und der Protagonist ist einer ihrer stereotypen Vertreter: Er ist besessen von materiellen Gütern, vor allem Möbeln und Einrichtungsgegenständen, um seine bedeutungslose Existenz zu füllen: „Früher hatten wir Pornos durchgeblättert, jetzt waren es Wohndesign-Kataloge“. Tyler Durden dagegen wohnt in einem heruntergekommenen Haus und lehnt die Ansammlung materieller Dinge ab. Diese erzeugen seiner Meinung nach nur die Illusion von Vollständigkeit (Wenn ich noch dies oder jenes habe, werde ich glücklich…) und Perfektion, die den Menschen versklavt: „Die Dinge, die du besitzt, besitzen irgendwann dich!“ Überhaupt ist es eine Illusion, sein Leben verbessern zu wollen, indem man es kontrollieren will (und Konsum ist lediglich nichts anderes als der Versuch der Kontrolle über sein Wohlbefinden). Diese Kontrolle soll der Protagonist laut Tyler fahren lassen, um endlich richtig und authentisch zu leben.

Fight Club kreist immer wieder um das Thema Tod – durch die Augen der einzigen weiblichen Hauptfigur Marla Singer in bedrohlichem Ton geschildert, aber durch Tyler Durden romantisch verklärt. Für Tyler ist die unausweichliche Tatsache, dass wir sterben werden, die großartigste und befreiendste Erkenntnis, die es gibt. Diese Amor Fati, um mit Nietzsche zu sprechen die vollkommene Bejahung der eigenen Sterblichkeit und damit einhergehend die völlige Bejahung des Lebens selbst, stellt für Tyler die Erleuchtung dar, auf die bereits im Leben hingearbeitet werden soll: „Erst wenn wir alles verloren haben, haben wir die Freiheit, alles zu tun!“ In der Person Tyler Durdens verätzt sich der Protagonist selbst mit Lauge, fährt absichtlich in einen Straßengraben und lässt sich im Fight Club halb tot schlagen, nur um seine eigene Sterblichkeit zu spüren, und „dem Abgrund ein Stück näher zu kommen“. Schließlich befreit das Gedenken an den Tod von den vielen Konventionen und Verpflichtungen, die der Protagonist als Belastung erlebt. Genau wie die Außenwelt nur durch einen dämpfenden Schleier wahrgenommen wird, wenn der Protagonist sich von seinem Adrenalinrausch im Fight Club erholt, erscheinen die Probleme und Leiden des irdischen Daseins als unbedeutend im Lichte des unausweichlichen eigenen Todes.

Mit der absoluten Bejahung und romantischen Verklärung der eigenen Sterblichkeit geht ein weiteres Ideal Tylers einher, das Anleihen an die fernöstliche Philosophie zeigt: die Wertschätzung des Augenblicks als einziger Realität frei von Illusionen. Während der Protagonist in einer Scheinwelt lebt – er besucht Selbsthilfegruppen von unheilbar Kranken und praktiziert geführte Meditation, um sich an einen besseren Ort zu wünschen – zählt für Tyler Durden nur der jetzige Moment, egal ob schön, hässlich oder schmerzhaft. Dies wird besonders deutlich, als Tyler dem Protagonisten ätzende Lauge über die Hand schüttet: Der Protagonist soll nicht versuchen, den Schmerz zu verdrängen, sich einen anderen Ort vorzustellen, sondern er soll den Schmerz bewusst wahrnehmen und annehmen. Dies erinnert an buddhistische Achtsamkeitspraxis, etwa ausgedrückt im Zitat des Buddha aus dem Sutra über die Kenntnis vom besseren Weg des Alleinseins: „Unsere Verabredung mit dem Leben findet im gegenwärtigen Augenblick statt. Und der Treffpunkt ist genau da, wo wir uns gerade befinden.“ Viele buddhistische Mönche waren und sind in der Lage, unmenschliche Schmerzen zu ertragen, da sie durch Meditation darin geübt sind, den schmerzhaften Moment nicht zu verdrängen, sondern voll und ganz anzunehmen und ihm damit den Leidens-Aspekt zu nehmen (man denke an Mönche, die sich selbst Zähne ziehen oder an den extremsten Fall: Mönche, die sich selbst mit Benzin übergießen und verbrennen, wobei sie völlig unbewegt und schmerzfrei bleiben). Natürlich spielt in der buddhistischen Lehre der moralische Aspekt (Sila) eine wichtige Rolle – ein reines Herz, frei von Begierden ist nach buddhistischer Meinung die Voraussetzung, unsägliche Schmerzen ohne Regung zu ertragen. Doch diese Reinheit von Begierden fehlt dem geistesgestörten Protagonisten – der Schmerz wird nur oberflächlich angenommen, in Wirklichkeit jedoch ist der Rausch des Schmerzens, des Leidens nur ein Kick und als Droge eine Ablenkung von der grausamen Wirklichkeit. Mit dem Ertragen von Schmerz hängt jedoch ein weiterer Aspekt von Tylers Weltsicht zusammen:

Männlichkeit

Die Pole Männlich und Weiblich spielen in Fight Club eine wichtige Rolle, auch wenn nur eine weibliche Hauptfigur auftaucht. Der namenlose Protagonist steht für das weibliche Prinzip: Er ist passiv, weich, ängstlich, nervös und wenig durchsetzungsfähig. An seinen Vater, die wichtigste männliche Bezugsperson in seinem Leben, hat er nur wage Erinnerungen. Auch die Männer, mit denen er sich umgibt, verkörpern alle dieses Prinzip: Als der Protagonist nicht schlafen kann, besucht er eine Selbsthilfegruppe für Hodenkrebs-Patienten, von denen viele durch die Krankheit unfruchtbar und impotent geworden sind. Der Verlust der Genitalien steht für den Verlust der Männlichkeit, und mit diesen Männern identifiziert sich der Protagonist. Das einzige, was gegen seine Schlafstörungen hilft, ist, sich an der Brust eines ehemaligen Bodybuilders namens Robert Paulson auszuweinen. Weinen, sich umarmen, über seine Probleme sprechen – das sind die weiblichen Bewältigungsstrategien des Protagonisten, zumindest bis Tyler in sein Leben tritt. Tyler ist das genaue Gegenteil: Er ist maskulin, kräftig, impulsiv, unabhängig und potent – ein Alpha-Männchen, wie es im Buche steht. Er ist der männliche Gegenpol zur weiblichen Seite des Protagonisten – nicht umsonst schildert dieser, die beiden würden unter der Woche wie ein altes Ehepaar zusammen wohnen, wobei der Protagonist die Rolle der Ehefrau übernimmt.

Bei den Selbsthilfegruppen für chronisch Kranke findet der Protagonist ein Ventil für seine Frustration und Verzweiflung – doch nur so lange, bis Marla Singer auftaucht und droht, seinen Schwindel auffliegen zu lassen – schließlich ist er überhaupt nicht krank, sondern sucht nur Aufmerksamkeit und Nähe. Zusammen mit Tyler startet der Protagonist den Fight Club und definiert damit seine Männlichkeit neu.

Im Fight Club kämpfen zwei Männer gegeneinander, während die anderen einen Kreis um die Kämpfer bilden und sie anfeuern. Die Kämpfe – einer gegen einen, ohne Hemd und Schuhe, so lange, wie sie dauern müssen – ähneln einem archaischen Ritual, bei der die Neuankömmlinge ihre feminine Seite abstreifen und in eine Gemeinschaft von Männern initiiert werden: Der Fight Club ist das genaue Gegenteil der Selbsthilfegruppen. Die Mitglieder des Fight Clubs dürfen nicht über den Fight Club reden, aber sie tragen ihre Narben – blaue Augen, Prellungen, ausgeschlagene Zähne – als Erkennungszeichen und Trophäen. Nicht umsonst wird ein junger Mann namens „Angel Face“, der vom Protagonisten übel zugerichtet und entstellt wird, im Roman zum ersten Rekruten des Projekt Chaos, der nächsten Stufe des Fight Clubs. Aussehen spielt im Fight Club keine Rolle, im Gegenteil – wer sich am meisten verunstalten lässt, beweist die größte Verachtung für die eigene Gesundheit und steht somit ganz oben in der Hierarchie.

Statt Emotionen und Körperlichkeit stehen im Fight Club Aggression und Mut im Vordergrund. Dabei ist es nicht wichtig, wer gewinnt oder verliert – das Austeilen und Einstecken von Schmerzen, das Standhalten vor dem Gegner, die im Kampf zugezogenen Verletzungen – all das sind Zeichen der Männlichkeit. Statt sich emotional verletzlich zu machen und zu öffnen, blendet der Kämpfer im Adrenalinrausch die Wirklichkeit aus – sie wird im Taumel urtümlicher, steinzeitlicher Instinkte einfacher ertragen:

„Wenn der Kampf vorbei war, war nichts gelöst, aber nichts war von Bedeutung. Hinterher fühlten wir uns alle errettet.“

Auch Robert Paulson, dem nach einer Hormontherapie im Zuge seiner Hodenkrebs-Erkrankung weibliche Brüste gewachsen sind, schwärmt davon, er habe etwas Besseres gefunden als die Selbsthilfegruppen. Damit meint er den Fight Club. Das weibliche Prinzip hat ausgedient, und damit das historische Experiment der typisch weiblichen Konfliktbewältigung von Männern durch Empathie und Offenheit, die letztlich nur zu Frustration und Selbstverleugnung geführt hat.

Wenn das weibliche Prinzip abgelehnt wird, worin besteht dann Tylers Ideal von Männlichkeit? Vor allem in einer Form des Stoizismus, eines Fatalismus, der sich unempfindlich macht gegen die Widrigkeiten des Schicksals; der keine Hoffnung auf Erlösung durch eine starke Vaterfigur mehr hat und gerade aus dieser Verachtung des Schicksals ein trotziges Gefühl eigener Macht zieht. Das Widerstehen von Schmerzen im Fight Club ist nur ein Beispiel dafür:

„Ich sag dir, was: Halt dir vor Augen, dass es möglich wäre, dass Gott dich nie leiden konnte. Dass er dich nie gewollt hat. Bei realistischer Betrachtungsweise hasst er dich sogar. Aber das ist keine Katastrophe. Wir sind nicht auf ihn angewiesen. Scheiß auf Verdammnis und Wiederauferstehung… Wir sind Gottes ungewollte Kinder? So möge es sein!“

Nur wer alles verliert, hat die Chance, alles zu gewinnen; und nur wer keine Liebe und Zuneigung mehr sucht – mehr braucht – erlangt die absolute Freiheit.

Beziehungen zu Frauen spielen im männlichen Geheimbund des Fight Club keine Rolle mehr, das weibliche Prinzip wird als geheimnisvoll und gefährlich erlebt: So erwidert Tyler Durden, als er auf das Heiraten angesprochen wird:

„Wir sind `ne Generation von Männern, die von Frauen großgezogen wurden. Ich frag mich, ob noch `ne Frau wirklich die Antwort auf unsere Fragen ist.“

Das weibliche Prinzip war bisher beim Protagonisten und den anderen Mitgliedern des Fight Clubs vorherrschend, da das männliche Prinzip mit dem Rückzug des Vaters verschwunden ist. Doch das weibliche Prinzip hat aus den Männern – aus Sicht des Protagonisten – Schlappschwänze gemacht, die ihre innere Natur verleugnet haben. Das weibliche Prinzip muss demnach im Fight Club abgetötet werden. Auch wird die Frau an sich – verkörpert durch Marla Singer – als Bedrohung empfunden: Bedrohung für den Selbstbetrug des Protagonisten bei den Selbsthilfegruppen; Bedrohung für Tyler Durden – schließlich ist es Marla, die dem Protagonisten bestätigt, dass er und Tyler die gleiche Person sind. In Gestalt von Tyler Durden empfindet der Protagonist nichts als animalische Lust für Marla. Wahre Gefühle entwickelt seine weibliche, empfindsame Seite. So wird das weibliche Prinzip zu einer erlösenden Kraft im Roman, im Film sogar noch stärker, wie die Schlussszene mit dem Protagonisten und Marla verdeutlicht. Nur eine Frau schafft es, den Protagonisten wieder zurück zu holen aus seiner eigenen durch Verzweiflung und Selbstisolation geschaffenen Realität – wenn auch zu spät, um die Zerstörungsorgie des Projekt Chaos noch aufzuhalten. Die Romanvorlage bietet einen interessanteren, wenn auch weniger filmreifen Schluss: Hier folgen die Mitglieder der Selbsthilfegruppe zusammen mit Marla dem Protagonisten, auch wenn sie wissen, dass das Gebäude, in dem er sich befindet, zerstört werden soll. Das weibliche, empathische, fürsorgliche Prinzip siegt hier über den Todestrieb Tyler Durdens, der sein Werk, die Zerstörung der Wolkenkratzer, im Roman nicht vollenden kann.

Zivilisationskritik, Antikapitalismus und Konformität

Tyler Durden als destruktive Seite des Protagonisten ist nicht nur verantwortlich für den Fight Club, sondern auch für die Nachfolge-Organisation: Projekt Chaos (Project Mayhem), eine geheime Vereinigung, die nichts anderes anstrebt als die Vernichtung der US-amerikanischen, liberal-kapitalistischen Gesellschaft. Diese Gesellschaft wird vom Protagonisten in ihrer ganzen Oberflächlichkeit geschildert und karikiert: Von „portionierten Freundschaften“ auf langen Flugreisen, ohne wirkliche menschliche Kommunikation, über Kritik an der Werbeindustrie, die immer neue unnötige Bedürfnisse schafft, bis zur Verachtung von reichen Damen, die sich Fett absaugen lassen und dann teure Seife kaufen, die aus diesem Fett hergestellt wurde, prangert Tyler Durden alles an, was für ihn die Krankheit dieser Zivilisation darstellt:

“Durch die Werbung sind wir heiß auf Klamotten und Autos, machen Jobs, die wir hassen, kaufen dann Scheiße, die wir nicht brauchen.“

Das Glück durch den Konsum immer neuer Güter entpuppt sich genau so als Illusion wie die vermeintliche Chancengleichheit der amerikanischen Gesellschaft:

„Wir wurden durch das Fernsehen aufgezogen in dem Glauben, dass wir alle irgendwann mal Millionäre werden, Filmgötter, Rockstars… Werden wir aber nicht. Und das wird uns langsam klar. Und wir sind kurz, ganz kurz vorm Ausrasten.“

Der Fight Club zieht vor allem Männer der unteren Mittelschicht an – Kellner, Büroarbeiter, Mechaniker, kaum Akademiker (den Protagonisten ausgenommen). Der Hass des Fight Club richtet sich gegen die Mitglieder der amerikanischen Oberschicht, die Gewinner des Amerikanischen Traums – Firmenbosse, Politiker, Prominente. In der Rolle Tyler Durdens bezeichnet sich der Protagonist als Guerillakämpfer, nicht nur gegen die oberflächliche, saubere amerikanische Konsumgesellschaft – er schneidet Filmschnipsel aus Pornofilmen in familienfreundliche Zeichentrickfilme – sondern auch gegen die herrschende Klasse, an der er sich rächt, in dem er bei teuren Banketts als Kellner in die Suppe uriniert oder in das Essen spuckt. Der Fight Club ist gedacht als Aufstand von unten nach oben, als Vergeltung der „Zweitgeborenen der Geschichte“. So erklärt Tyler Durden einem hochrangigen Polizeibeamten, der den Fight Club schließen will:

„Pass auf: Ihr macht Jagd auf die Leute, auf die ihr angewiesen seid! Wir kochen eure Mahlzeiten, fahren eure Krankenwagen, stellen eure Anrufe durch, holen euren Müll ab. Wir bewachen euch, während ihr schlaft. Versucht nicht, uns zu verarschen!“

Wie sieht Tylers Gegenmodell zur bedeutungslosen, streng hierarchischen, ungerechten Kultur Amerikas aus? Im Grunde handelt es sich um einen archaischen Proto-Kommunismus, gepaart mit einer kruden Naturromantik in Anlehnung an Rousseau oder die amerikanischen Transzendentalisten wie Emmerson und Theraux. So träumt Tyler Durden von einem Ende der viel zu kompliziert gewordenen Hochgeschwindigkeits-Gesellschaft, von einem Rückkehr zur Natur und zu einer einfacheren, entschleunigten Lebensart:

„In der Welt, die ich sehe, jagst du Elche durch die feuchten, bewaldeten Schluchten rund um die Ruinen des Rockefeller Center. Du trägst Ledersachen, die den Rest deines Lebens halten werden. Du kletterst die dicken Kudzu-Ranken empor, die den Sears Tower umschlingen. Ein Blick hinunter, und du siehst winzige Gestalten, die Mais stampfen und Streifen von Wildbret auf der leeren Überholspur eines verlassenen Super-Highway auslegen.“

Ob es in dieser Welt Privateigentum geben soll und ob es wirklich so romantisch wäre, in eine Zeit ohne Impfungen, sauberes Trinkwasser und Antibiotika zurück zu kehren, darüber schweigt sich die Stimme des Protagonisten aus – ein Zeichen dafür, dass er sehr klare Vorstellungen davon hat, was er zerstören möchte, aber nur eine vage Idee von dem, was er an dessen Stelle setzen will.

Jede utopische Gesellschaftsidee fordert Opfer zu ihrer Verwirklichung, und Tyler Durden ist jedes Mittel recht, um die kapitalistische Gesellschaft zu Fall zu bringen. Dafür ruft er Projekt Chaos ins Leben. Hierbei handelt es sich jedoch nicht mehr um einen desorganisierten, amateurhaften Verein, in dem Männer am Wochenende ihren Frust herauslassen können, sondern um eine straff organisierte, paramilitärische, sektenähnliche Bewegung, die von den Mitgliedern völlige Hingabe verlangt. Nur wer drei volle Tage ohne Nahrung, Obdach und Ermutigung vor der Tür von Tylers zum Hauptquartier umfunktionierten Haus wartet, darf sein Training im Projekt Chaos beginnen. Dort wird der neue Rekrut einer gründlichen Gehirnwäsche unterzogen und erhält seine Rolle und Aufgabe in der Organisation. Die Männer des Projekt Chaos haben keine Namen und keine Individualität mehr – Tyler bezeichnet sie nur verächtlich als „Weltraumaffen – bereit sich zu opfern um einem höheren Ziel zu dienen“ – Spielfiguren in Tylers Rache an einer als ungerecht empfundenen Welt. Im Leben ist jeder Soldat des Projekt Chaos nur eine Nummer. Nur im Tod erhält er seinen Namen zurück – wie Robert Paulson, der bei einer nächtlichen Sabotageaktion von der Polizei erschossen wird – und nimmt seinen Platz als Märtyrer für die Weiterentwicklung der Menschheit ein.

Der Konformismus des Projekt Chaos, die Auslöschung der eigenen Identität und das Aufgehen in einem größeren Kollektiv, stellt für die enttäuschten, von der Gesellschaft nieder gehaltenen Männer den letzten Ausweg aus der Individualismus-Falle dar – der als zu hoch empfundenen Verantwortung, für sein eigenes Glück und Scheitern selbst verantwortlich zu sein. Hier muss man nicht lange suchen, um Parallelen in der echten Welt zu finden – die totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts, Sekten und religiöse Fundamentalisten sind nur einige der traurigen Beispiele für den Herdentrieb der Menschen, dessen sich auch Tyler als charismatischer Anführer und furchtloser Visionär bedient.

Wie realistisch ist nun Tylers Sicht auf die Gesellschaft und ließe sich seine Utopie in der heutigen Welt verwirklichen? Der Roman ist nun bereits 22 Jahre alt – der Film 19 Jahre – doch trägt es wohl zur Beliebtheit dieses zeitlosen Klassikers bei, dass die Gesellschaftsprobleme, die er anspricht, heute noch genau so aktuell sind. Die Krise des Kapitalismus ist nun bereits so alt wie der Kapitalismus selbst, seit Marx seine ersten Analysen über diese Form des menschlichen Wirtschaftens aufgestellt hat. Und besonders seit der weltweiten Bankenkrise des Jahres 2008 wurden vermehrt Stimmen laut, die das amerikanische Modell des deregulierten Turbokapitalismus, besonders die Spekulation mit Unsummen von Geldern aus der Realwirtschaft, aber auch den permanenten Zwang zum Wirtschaftswachstum, die aufgehende Schere zwischen Arm und Reich und den grassierenden Konsum mit seinen Problemen für die Umwelt anprangern. Von links gerichteten Gruppen in Europa, über die Occupy-Bewegung in den USA bis zu akademischen Fürsprechern einer gerechteren, humaneren kapitalistischen Ordnung zieht sich diese Kritik durch alle Gesellschaftsbereiche. Auch gewaltbereite Gruppierungen im Stile des Projekt Chaos sind uns nicht unbekannt – in Deutschland wohl am ehesten verkörpert durch linksradikale Bewegungen wie die RAF, aber auch heute noch in Gestalt links-autonomer Vereinigungen. Dieses Ziel des Projekt Chaos ist uns als nicht unbekannt.

Einher mit der Krise des Kapitalismus geht die Auflösung traditioneller Familienstrukturen und damit eine Krise der Männlichkeit. Junge Männer – heute von manchen sogar als Verlierer der Emanzipationsbewegung bezeichnet – werden in der Tat hauptsächlich von Müttern erzogen, während der Großteil der Väter sich aus dem familiären Bereich in die Sphäre der Arbeit zurückgezogen hat. War es früher der Vater, der den Jungen aus dem Bereich der Mutter, also der Frauen, herausholte und in den Bereich der Männer, in die Arbeit und die öffentliche Sphäre einführte, so fehlt diese Initiationsinstanz heute weitgehend. Damit einher gehen eine große Verunsicherung und die Frage, was eigentlich einen Mann zum Mann macht. Vermeintliche Symbole der Männlichkeit wie Alkohol- und Drogenkonsum, Risikoverhalten, Fitnesskult und Pornografie spielen heute die Rolle der Initiationsriten früherer Kulturen – ohne dass der moderne Mann jedoch seine gesellschaftliche Aufgabe und Rolle kennen würde. Die Sehnsucht nach einem klaren Rollenvorbild – einem Tyler Durden, der jungen Männern eine Vision von Männlichkeit bietet, die aus eigener Kraft zu erreichen ist, ist meiner Meinung nach auch heute vorhanden – und der Spagat zwischen Softie und Macho, zwischen dem femininen, rezeptiven Protagonisten, der seine männliche Seite unterdrücken muss, und dem maskulinen, aktiven Tyler Durden, der rücksichtlos seine Interessen auslebt,  ist für moderne Männer genau so schwierig wie für die Verunsicherten Figuren im Roman.

Interessant wäre nun die Frage, ob es auch in der echten Welt so etwas wie einen Fight Club und das Projekt Chaos geben könnte. Die Idee einer paramilitärischen Gruppierung, die die Werte des Staates und der Gesellschaft im Ganzen ablehnt und einen Umsturz derselben ablehnt, ist nicht weit hergeholt. Solche Gruppen gibt es in den USA, etwa in der Gestalt neonazistischer und rassistischer Untergrundorganisationen, dem Ku Klux Klan oder bewaffneter Milizen (etwa der sog. Oregon-Miliz), die vor allem während der Amtszeit Präsident Obamas starke Kritik am herrschenden System übten. Diesen Organisationen werden Versuche von Sabotageattacken und Sprengstoffanschlägen auf Regierungsgebäude zur Last gelegt – ähnlich wie den Soldaten des Projekt Chaos. Der Unterschied dürfte in der politischen Ideologie sein – dem Projekt Chaos fehlt die revisionistische, rassistische Ausrichtung – und in der schieren Größe.

Als dem Protagonist sein Leben immer mehr entgleitet und er sich immer öfter in Tyler Durden verwandelt, schildert er, wie er durch Amerika reist und überall Männer mit blauen Augen, Prellungen und ausgeschlagenen Zähnen sieht. Überall sprießen Fight Clubs aus dem Boden, werden Kämpfer für das Projekt Chaos rekrutiert. Die Mitglieder haben längst die Gesellschaft unterwandert und sind zu einem solchen Machtfaktor geworden, dass alle Gegner, die dem Projekt Chaos gefährlich werden könnten, einfach eingeschüchtert oder kalt gestellt werden können. Projekt Chaos kann durch die schiere Zahl der Mitglieder längst keine geheime Untergrundgesellschaft mehr sein, sondern müsste schon längst zum Staat im Staate, zur Parallelgesellschaft angewachsen sein. Und hier hören meiner Meinung nach die Parallelen zur wahren Welt auf:

Das Verschwinden einer so großen Zahl von jungen, berufstätigen Männern aus ihrem gewohnten Lebensumfeld in eine paramilitärische Vereinigung müsste bei den Angehörigen Misstrauen erzeugen – sie könnten nicht einfach spurlos verschwinden und ihre Zerstörungsakte im Verborgenen planen. Projekt Chaos besteht nicht, wie viele erfolgreiche terroristische Organisationen, aus relativ unabhängigen, lose verbundenen Zellen, sondern ist streng hierarchisch auf die Person Tyler Durdens ausgerichtet, der seine Macht durch Kommitees und Unterkommitees ausübt. Nur durch ein paar undichte Stellen wären alle Akte des Projekt Chaos auf Tyler Durden zurückzuführen, der zudem in seiner Gestalt als normaler Büroangestellter völlig ahnungslos und eine leichte Zielscheibe ist. Die Geheimhaltung ist also ein Problem. Das zweite ist die Frage der Grenze zwischen den Tätern und den Opfern von Projekt Chaos.

Der finale Plan des Projekt Chaos ist es, die Zentralen aller Kreditkarten-Institute in den Vereinigten Staaten in die Luft zu sprengen. Doch wer würde durch diese Zerstörungsorgie zu Schaden kommen? Bei der Fülle an Zielobjekten plus der Fülle der eingeweihten Mitglieder wären es mit großer Sicherheit auch die Angehörigen des Projekt Chaos – Familienmitglieder, ehemalige Freunde und Kollegen, die getötet werden würden. Ja nicht einmal Kollateralschäden in den eigenen Reihen könnten bei einer Vernichtung dieses Ausmaßes vermieden werden. Die Opfer wären nicht mehr die Mitglieder der Oberschicht – insofern diese nicht ohnehin schon in die Fight Clubs eingesickert wären, denn der Eintritt steht jedem offen und wer sagt schon, dass Reiche nicht die gleichen Probleme und Frustrationen mitbringen – sondern es wären die Mitglieder und ihresgleichen. Für einen solch suizidalen Akt wäre ein enormes Maß der Gehirnwäsche nötig. Präzedenzfälle dafür gibt es natürlich – den Massensuizid von Jonestown zum Beispiel oder das Feuergefecht zwischen Angehörigen der Davidianer-Sekte und dem FBI – aber hierbei handelte es sich um isolierte Gemeinschaften, schon geografisch. Die Mitglieder des Projekt Chaos können unmöglich alle in Baracken hausen – das würde zu viel Aufmerksamkeit erregen. Sie bewegen sich also notgedrungen in der Gesellschaft und sind somit Einflüssen ausgesetzt, die mit Tylers Zivilisationskritik und Todesromantik konkurrieren: Fernsehen, Werbung, Politik, Therapeuten, Familie. Die Mitglieder des Fight Club mögen isolierte Einzelgänger sein – doch es sind Einzelgänger mit Berufen, mit gesellschaftlichen Positionen, und ihre Radikalisierung müsste auf höchster Stelle auffallen. Tyler Durden müsste schon ein Organisationsgenie höchsten Ranges sein, um so viele Männer aus so vielen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten auf einen Nenner einzuschwören. Sogar die Schaffung eines monolithischen Feindbildes halte ich für schwierig: Marx rechnete damit, die Arbeiterklasse würde sich erheben und gewaltsam gegen die Klasse der Besitzenden rebellieren. Was jedoch auf breiter Front geschah, war, dass die Arbeiterklasse versuchte, sich ökonomisch der Klasse der Kapitalisten anzupassen und diese nachzuahmen (so wie das gehobene Bürgertum die Sitten des Adels kopierte). Sich über seinen herrschsüchtigen Boss zu beschweren mag verständlich sein – das Ablassen von Frust bei einer gelungenen Tracht Prügel im Fight Club auch – doch das Ausschalten des Bosses, ja aller Besitzenden würde jeden sozialen Aufstieg zunichte und alle Menschen gleich arm machen. Natürlich könnte der Hass der Mitglieder des Fight Club auf die Oberschicht groß genug sein – historische Präzedenzen für eine solch radikale Ablehnung der bestehenden Gesellschaftsordnung sehe ich jedoch nicht, und schon gar nicht im satten Amerika der 90er Jahre mit seinen Luxusproblemen.

Der Realismus von Fight Club hält sich also in Grenzen – doch darauf kommt es nicht an. Wichtig ist nicht, ob die Vision des Films realisiert werden könnte oder nicht, sondern welches Bild der Roman und der Film dem Leser selbst zurückspiegelt. Fight Club ist so befriedigend zu lesen und anzusehen, weil er mit Problemen spielt, die jeder Mann in seinem Leben kennt. Jeder Mann wird sich, ob er will oder nicht, in gewissen Momenten im Protagonisten wiederfinden. Und er wird sich in gewissen Momenten wünschen, wie Tyler Durden zu sein. Der Film zeichnet eine faszinierende Was-wäre-wenn-Vorstellung: Er potenziert die Frustrationen des Alltags, die Unzufriedenheit mit der Gesellschaft, die Kritik am herrschenden System ins Unermessliche und stellt die Frage, was wäre, wenn sich diese destruktiven Gefühle auf höchster Ebene Bahn brechen würden, ohne von einer ziviliserenden Macht oder Vernunft zurückgehalten zu werden. Der Film erzählt uns mehr über unsere eigenen Unzulänglichkeiten, als dass er realistische Lösungen anbietet – doch dies allein kann bereits ein wirkungsvolles Ventil sein – zumindest für die Dauer des Buchs oder des Films…

 

 

 

 

Kündigung der privaten Krankenversicherung nach dem Referendariat

Für alle, die nach dem Referendariat nicht in den Staatsdienst übernommen werden und keine Beschäftigung als Angestellter aufnehmen, sondern etwas anderes vorhaben, z. B. reisen, ehrenamtliche Tätigkeit, Auszeit etc., stellt sich die Frage: Wo bin ich jetzt eigentlich versichert?

Während des Vorbereitungsdienstes hatten wir die Wahl zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Da wir als Beamte auf Widerruf Anspruch auf Beihilfe vom Dienstherren hatten, war die private Krankenversicherung mit ihrem Ausbildungstarif die günstigere Alternative. Nun fällt unser Beamtenstatus weg und damit auch der günstige Tarif. Die Idee liegt also nahe, sich wieder in der günstigeren gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern. Das ist aber leider nicht so einfach möglich.

Auch wenn wir vor dem Referendariat, z.B. im Studium, bei einer gesetzlichen KV versichert waren, können wir nicht einfach wechseln, da wir nicht der Versicherungspflicht unterliegen. Das klingt komisch und bedeutet nicht, dass wir unversichert bleiben dürfen. Es heißt, dass wir uns freiwillig versichern müssen, und das können wir nur bei der Versicherung, bei der wir zum letzten Mal pflichtversichert waren – also bei einer privaten Krankenkasse. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihr vor dem Referendariat einen Monat, ein Jahr oder fünf Jahre bei einer gesetzlichen Krankenkasse wart. Lasst euch das nicht von Sachbearbeitern bei den Versicherungen erzählen, diese Regelung gilt spätestens seit 2007 nicht mehr.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben laut Gesetz nur in folgenden Fällen die Möglichkeit, euch wieder aufzunehmen:

  1. Ihr nehmt ein Angestelltenverhältnis auf, etwa als Lehrer bei einer Schule. Dann müsst ihr euch pflichtversichern und es wird euch eine gesetzliche Versicherung vorgeschlagen (ihr könnt aber auch eine andere wählen). Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung. Dies ist die Alternative für die meisten Lehrer, die nicht ins Beamtenverhältnis übernommen werden, für mich jedoch kein Weg, da ich ja erst einmal ins Ausland wollte.
  2. Ihr geltet als bedürftig und bezieht Arbeitslosengeld. Als ehemalige Referendare kommt das ALG 1 für euch nicht in Frage, da ihr im Referendariat nicht sozialversichungspflichtig beschäftigt wart. Der Bezug von ALG 2, Harz 4, kommt nur bei Bedürftigkeit in Frage. Hier kenne ich mich nicht wirklich aus, jedoch bin ich mir ziemlich sicher, dass ihr eure finanziellen Reserven aufbrauchen müsstet, bevor ihr Anspruch auf die Grundsicherung habt – keine besonders gute Voraussetzung für eine Weltreise oder längere ehrenamtliche Tätigkeit.
  3. Ihr schreibt euch als Studierender an irgendeiner Hochschule in irgendeinem zulassungsfreien Studiengang ein. Dabei ist es völlig egal, welcher Studiengang. Sobald ihr den Status Studierender habt, ist die gesetzliche Krankenversicherung dazu verpflichtet, euch wieder zu nehmen. Der Vorteil ist, dass ihr als Student oft von günstigen Tarifen profitiert, solange ihr noch nicht zu alt seid (bei der AOK Bayern z.B. 30 Jahre). Außerdem könnt ihr gewisse Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Ein Nachteil ist, dass ihr den Semesterbeitrag zahlen müsst, auch wenn ihr nicht wirklich studiert (an meiner Hochschule in Erlangen 117 Euro). Für mich war dieser Weg der einfachste, zurück in die gesetzliche Krankenkasse zu kommen und dort zu bleiben. Denn auch wenn ich in ein paar Jahren nicht mehr immatrikuliert bin, habe ich so wieder die Möglichkeit, mich (jetzt wieder freiwillig) bei einer gesetzlichen Krankenkasse zu versichern.

Offene Punkte sind noch: Ist es möglich, die gesetzliche Krankenversicherung ruhen zu lassen, wenn man zwar noch in Deutschland gemeldet ist, aber eine Auslandskrankenversicherung mit Abdeckung von Heimaturlauben vorweisen kann (wie die STA Travel)? Und ist es möglich, als Studierender eingeschrieben zu bleiben, wenn man keinen Wohnsitz in Deutschland hat? Ich hoffe, dass ich diese Fragen in den nächsten Wochen nach ein paar Gesprächen mit meiner Versicherung beantworten und euch weitere Informationen geben kann.