Reisen in Vietnam ist ziemlich einfach. Einerseits aufgrund der guten Infrastruktur und der vielen Transportmöglichkeiten, andererseits aufgrund der Geografie. Das Land ist lang und schmal: Wer also nicht über Land einreist, beginnt seine Reise entweder in Saigon oder in Hanoi und kann sich dann nach Norden bzw. Süden vorarbeiten. Ich startete in Saigon. Hier ist meine Reiseroute nach Norden, die 20 Tage dauerte:
Ho-Chi-Minh-Stadt
Die Flüge nach Saigon waren zur Zeit meiner Reise (Anfang 2018) günstiger als nach Hanoi, darum startete ich meine Reise hier. Es ist ein alter Zankapfel und ich diskutiere darüber mit vielen Mitreisenden: Hanoi oder Saigon? Ich persönlich bevorzuge Saigon, da es moderner ist, etwas entspannter, weltoffener und westlicher. Der Verkehr ist nicht ganz so schlimm, die Straßen nicht ganz so überfüllt und die Sprachbarriere nicht ganz so extrem. Daneben hat Saigon viele Wahrzeichen zu bieten, die ich hier vorstelle. 2 Tage würde ich für Saigon mindestens einplanen. Die Stadt ist außerdem ein gutes Sprungbrett für Ausflüge zu den Cu Chi Tunneln und ins Mekong-Delta.
2. Mekong Delta
Wenn man schon einmal in Südvietnam ist, kann man auch gleich das Mekong-Delta besuchen, Heimat für 17 Millionen Menschen, die am und vom Fluss leben. Es gibt viele Veranstalter, die 2 Tages-Touren schon für 30 Euro anbieten: perfekt, um Attraktionen wie den Tempelkomplex Vĩnh Tràng, kleine Kanäle, den schwimmenden Markt, Krokodilfarmen und Obstplantagen zu sehen. Sehr touristisch, aber unterhaltsam.
3. Đà Nẵng
Ich habe den Süden Vietnams fast komplett ausgelassen. Wenn ihr auch nur 2-3 Wochen Zeit habt, würde ich euch dasselbe empfehlen. Ich nahm den 17-Stunden Nachtzug nach Đà Nẵng, eine Großstadt in Zentral-Vietnam. Die meisten Touristen reisen direkt nach Hoi An weiter, aber ich kann nur empfehlen, der Stadt eine Chance zu geben und 2 Tage zu bleiben. Da Nang ist sauber und modern und besitzt architektonische Highlights wie die Drachenbrücke und die Linh Ung Pagoda. Daneben könnt ihr Wahrzeichen wie die Marble Mountains und den Grünen See besuchen und an sauberen Stränden entspannen.
Nur eine Stunde südlich von Da Nang liegt die Kleinstadt Hoi An, deren Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Das gut erhaltene historische Zentrum besitzt viele Wahrzeichen, zum Beispiel traditionelle Tempel, chinesische Versammlungshallen und die wunderschöne Japanische Brücke. Von Hoi An aus gelangt ihr auch schnell zu den Tempelruinen von Mỹ Sơn, Überresten der Champa-Kutur, die auch die Tempel von Angkor Waterbaut hat. Insgesamt sind 2 Tage für Hoi An genug – einen für die Altstadt und einen für My Son.
4. Huế
Hue ist bekannt für die alte Zitadelle, einstiger Sitz der Nguyen-Dynastie. Die Zitadelle mit der Verbotenen Stadt wurde im Vietnamkrieg völlig zerstört und seitdem wieder aufgebaut. Obwohl der Wiederaufbau weitestgehend fertig ist, hat mich die Zitadelle nicht wirklich vom Hocker gehauen. An einem halben Tag habt ihr alles gesehen. Wollt ihr auch noch die Kaisergräber etwas außerhalb der Stadt besichtigen, lohnen sich 2 Tage in Hue. Die wahren Highlights befinden sich jedoch woanders.
5. Phong Nha-Kẻ Bàng
Dieser Ort an der Grenze zu Laos ist ein absolutes Highlight in Nordvietnam, und immer noch ein Geheimtipp. Phong Nha-Kẻ Bàng ist ein Nationalpark, der einige der spektakulärsten Höhlen des Landes beherbergt, darunter die größte Höhle der Welt. Die Landschaft mit ihren grünen Hügeln ist atemberaubend. Ihr könnt ihr wandern, Höhlen erkunden, im Fluss baden oder einfach nur mit dem Roller die Gebirgsstraßen entlang fahren. Mein persönlicher Favorit in Vietnam. Ich empfehle einen Aufenthalt von 3-4 Tagen.
6. Ninh Binh
Fast so schön wie Phong Nha-Kẻ Bàng fand ich Ninh Binh. Die Provinz wird aufgrund der spektakulären Kreidefelsen auch die „Halong Bucht an Land“ genannt. Naturliebhaber werden nicht enttäuscht werden: Die Landschaften gehören zum schönsten, was das Land zu bieten hat. Ihr könnt eine Flussfahrt machen, zu majestätischen Bergtempeln klettern, die Überreste der einstigen Hauptstadt besichtigen und Höhlen erkunden. Die Auswahl ist groß, sodass ich einen Aufenthalt von 3-4 Tagen empfehle.
7. Hanoi
Keine Reise nach Vietnam wäre komplett ohne die Hauptstadt Hanoi. Hier befinden sich wichtige nationale Heiligtümer wie das Ho Chi Minh-Mausoleum, die Einbein-Pagode und der Literaturtempel. Der Verkehr ist erbarmungslos, die Straßen überfüllt und die Englischkenntnisse durchschnittlich schlecht. Aber die Stadt ist exotisch und bietet euch genug Sehenswürdigkeiten, um hier 3-4 Tage zu verbringen.
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Natürlich muss eure Vietnam-Reise in Hanoi nicht zuende sein. Viele Urlauber reisen weiter zu den Reisfeldern von Sapa, zur Halong Bucht (am besten noch zur Insel Cat Ba) oder nach Ha Giang, Vietnams nördlicher Provinz. Habt ihr mehr Zeit, könnt ihr auch dem Süden eine Chance geben: Nha Trang ist berühmt für seine Strandresorts und in Mui Ne findet ihr die einzige Wüste Südostasiens. Diese Reiseroute gibt lediglich eine grobe Richtung vor, was man in 3 Wochen alles machen könnte.
Und wie hat es mir gefallen? Überwiegend gut! Für ein detailliertes Urteil über Vietnam als Reiseziel, checkt diesen Artikel.
Vietnam ist groß, sehr groß; beinahe doppelt so groß wie Deutschland. Das Gute ist, dass das Land sehr schmal und lang ist. Bis auf Ausnahmen – Touristen, die aus Laos oder Kambodscha anreisen – werden die meisten Reisenden ihre Tour also entweder in Saigon oder Hanoi beginnen und sich dann in Richtung Norden bzw. Süden aufmachen. Dennoch sind die Entfernungen zwischen den Städten gewaltig, wie meine Reise von Saigon nach Da Nang exemplarisch zeigt. Wie kann man dieses Land also möglichst effizient und dabei noch günstig und möglichst bequem bereisen?
Die meisten Reisenden werden mit dem Flugzeug ankommen, entweder in Saigon oder in Hanoi. Doch Vietnam besitzt viele gut ausgebaute Flughäfen und Flugreisen im Land sind nicht teuer. Ich habe zum Beispiel für einen Flug von Hanoi nach Saigon nur etwa 50 Euro bezahlt bei sehr später Buchung.
Innerhalb der großen Städte wie Saigon, Hanoi oder Da Nang kommt man mit dem Taxi relativ schnell und günstig voran (günstiger als in Deutschland zumindest). Vorsicht ist jedoch bei der Auswahl der Taxis geboten. Dass man nicht gleich mit jedem Taxifahrer mitgeht, der anbietet, einen besonders günstig zum gewünschten Ort zu fahren, sollte sich von selbst verstehen. Man sollte zumindest die Registrierung des Wagens checken und darauf bestehen, dass der Fahrer den Taxameter anstellt. Dies minimiert das Risiko einer Abzocke ohne dieses ganz zu beseitigen. Zum Glück gibt es in den größeren Städten wie Saigon, Hanoi und Da Nang die Taxi-App „Grab“. Mir dieser weiß man immer genau, mit wem man fährt und wie viel man am Ende zahlen muss. Man sollte nur aufpassen, wirklich die App zu benutzen und keine wartenden Grab-Fahrer auf der Straße anzusprechen. Diese mögen die grüne Grab-Uniform und sogar den Helm tragen; es handelt sich jedoch trotzdem oft um betrügerische Motorradfahrer, die gerne einmal das Zehnfache des normalen Fahrpreises verlangen. Wie überall in Vietnam ist auch hier Vorsicht geboten.
Vinasun – eines der respektablen Taxiunternehmen des Landes
Innerhalb der Städte, aber auch für Kurzstrecken, z.B. von Da Nang nach Hoi An oder Dong Hoi nach Phong Nha, sind öffentliche Busse die günstigste Option. Eine einstündige Fahrt sollte nicht mehr als 1 Euro kosten. Die Schaffner sind zwar nicht zimperlich und bugsieren die Fahrgäste aus unerfindlichen Gründen zu ihrem Sitzplatz. Dies ist jedoch keineswegs unfreundlich gemeint oder auf Touristen beschränkt. Vereinzelt soll es noch vorkommen, dass Weiße den doppelten Fahrpreis der Einheimischen zahlen müssen. Dies sollte sich jedoch mit der Einführung von offiziellen Stadtbussen in Grenzen halten und ist mir nie passiert.
Legt man längere Strecken zurück und will nicht fliegen, kommt man mit dem Zug oder dem Reisebus recht günstig weg. Über den Wiedervereinigungszug und seine Vor- und Nachteile habe ich bereits im Beitrag über Da Nang geschrieben. Wer im Norden Vietnams unterwegs ist, sollte definitiv zumindest einmal mit dem Zug fahren, auch wegen der wunderschönen Landschaft. Das Ticket kann man auch online kaufen; davon würde ich jedoch abraten, da die Preise deutlich höher sind als am Bahnhof. Außerdem empfehle ich Reisenden, die größer als 1,70 m sind und den Nachtzug nehmen möchten, die teuerste Option, „soft bed“, da die anderen Betten eher für Vietnamesen als für Westler gebaut sind.
nicht gerade luxuriös – die Option „Hard Berth“
Eine lohnenswerte Alternative zum Nachtzug ist der sog. „Sleeper Bus“. In diesem bekommt man eine Liege, auf der man seine Beine zwar nicht komplett ausstrecken kann, die ich jedoch trotzdem so komfortabel fand, dass ich sofort eingeschlafen bin. Für mich das definitiv angenehmste Fortbewegungsmittel für Überlandfahrten. Auch hier gilt: Natürlich kann man das Ticket online buchen und dann in Dollar bezahlen. Die Busunternehmen posten auf ihren Seiten gerne Horrorstories von völlig überfüllten Bussen, die man Tage im Voraus buchen muss, oder von übel gesinnten Betrügern, die ahnungslose Reisende in den falschen Bus zerren. Die wahren Abzocker sind jedoch meiner Meinung nach die Webseiten-Betreiber, die mit diesen völlig übertriebenen Berichten Touristen dazu bringen wollen, ein überteuertes Online-Ticket zu erstehen. Wie gesagt sollte das Hostel oder Hotel der erste Ansprechpartner für Busreisen sein.
Will man Vietnam auf eigene Faust erkunden, ohne auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein, wird man um ein Motorrad kaum herumkommen. Ein bei vielen Reisenden beliebtes Vorgehen ist es, sich entweder in Saigon oder in Hanoi für wenige hundert Euro ein Motorrad zu kaufen, mit diesem Richtung Norden oder Süden zu fahren und es dort mit geringem Preisverlust weiter zu verkaufen. Ich habe viele Reisende getroffen, die diese Option gewählt haben. Der Vorteil ist natürlich die absolute Freiheit, jederzeit überall hin reisen zu können, wo man will. Besonders der Norden Vietnams ist landschaftlich reizvoll und mit dem Motorrad kommt man auch in die Ecken, die bei Touristen nicht so bekannt sind. Ein Nachteil sind jedoch die weiten Entfernungen: Vietnam ist, wie schon gesagt, groß. Es dauert dementsprechend ewig, von einem Ort zum anderen zu kommen. Teilweise wird man 7, 8 Stunden auf stark befahrenen, mit Abgasen verpesteten Autobahnen fahren müssen, um von einem touristisch auch nur halbwegs interessanten Ort zum anderen zu gelangen – für mich keine reizvolle Vorstellung. Auch der Zustand des Motorrads kann ein Problem sein, da diese Maschinen zwar günstig sind, jedoch von Backpacker zu Backpacker weiterverkauft und nicht immer fachgerecht gewartet werden. Vietnam ist ein Land voller Motorradfahrer, dementsprechend gibt es auch an jeder Ecke eine Werkstatt mit Ersatzteilen. Doch ohne Fachkenntnis (die den meisten Reisenden fehlt) wird man auch hier leicht über den Tisch gezogen. Man mag von einem freundlichen Mechaniker angesprochen werden, der sich Sorgen um den Zustand des Motorrads macht. Dieses oder jenes Teil sollte aus Sicherheitsgründen dringend einmal ausgewechselt werden, aber hey – die Entscheidung liegt natürlich beim Fahrer. Was macht man also als ahnungsloser Hobby-Biker? Glaubt man dem Fremden und lässt die Reparatur durchführen, die sich jedoch als überteuert, unnötig oder im schlimmsten Fall als völliger Pfusch erweisen könnte? Oder geht man das Risiko ein, mit einem defekten Motorrad weiter zu fahren, am besten noch auf schlechten Straßen mitten im Nirgendwo?
Ein weiteres Problem, dessen man sich bewusst sein sollte, ist die Gesetzeslage. Trotz grassierender Falschinformationen ist diese eindeutig: Das Fahren in Vietnam ohne vietnamesischen Führerschein ist illegal. Ein internationaler Führerschein reicht dazu nicht aus, die Fahrerlaubnis muss in Vietnam erworben worden sein. Was bedeutet dies in der Praxis? In 99% der Fälle wird dies kein Problem darstellen. Mit wenigen Ausnahmen (z.B. Mui Ne im Süden) lässt die Polizei Ausländer auf Motorrädern in Ruhe, weil sie sich nicht auf den Papierkram und die schwierige Verständigung einlassen will. Im schlimmsten Fall könnte man angehalten und mit einer Konfiszierung des Motorrads bedroht werden, was natürlich ungünstig ist. In diesem Fall wird ein Bestechungsgeld fällig, dessen Höhe verhandelbar ist und sich nach den finanziellen Mitteln des Fahrers richten wird. 200.000 Dong wurden mir oft genannt, ich habe aber auch schon von Summen von 100 – 300 Euro gehört. Ich persönlich wurde nie angehalten und habe auch nur Erfahrungen aus zweiter Hand gehört. Das Problem korrupter Polizisten scheint also nur an ein paar Streckenabschnitten zu bestehen.
Eine ganz reelle Gefahr sind natürlich Unfälle auf der Straße. Während Crashs im dichten Chaos der Großstädte wie Saigon und Hanoi häufig vorkommen, aber aufgrund der geringen Geschwindigkeit meist glimpflich ausgehen, sieht es auf Überlandfahrten anders aus. Dieser Tipp mag in einem heißen Land nicht auf viel Verständnis stoßen, aber es kann eine gute Idee sein, sich zum Motorradfahren lange Kleidung anzuziehen. Dies kann unbequem sein, aber z.B. bei Unfällen auf Schotterstraßen den Unterschied zwischen einer leichten Prellung und einer offenen, infizierten Wunde ausmachen (mit eigenen Augen gesehen – ist nicht spaßig!). Dass man Fahrten bei Nacht tunlichst vermeiden sollte, versteht sich eigentlich von selbst. Nicht nur sind viele Straßen schlecht ausgeleuchtet, auch viele Vietnamesen fahren aus unerfindlichen Gründen im Dunkeln ohne Licht und kommen einem dann im besten Fall noch als Geisterfahrer entgegen. Überhaupt ist Vietnam kein Ort für Raser oder Draufgänger. Man sollte sich dem Verkehr anpassen und im Zweifelsfall etwas langsamer fahren, denn noch einmal: Auch wenn in den meisten Fällen (wie bei mir) nichts Schlimmes passiert – man ist immer noch illegal unterwegs. Das heißt, im Falle eines Unfalles wird man auf den Kosten sitzen bleiben, ohne dass die Haftpflichtversicherung auch nur einen Cent zahlt! Im schlimmsten Falle kann man strafrechtlich belangt werden bzw. muss ganz tief in die Tasche greifen, um dies zu verhindern
Illegal, aber streckenweise ein echtes Erlebnis – Rollerfahren in Vietnam
Meine Empfehlung? Es gibt so viele verschiedene Wege, in Vietnam von A nach B zu kommen, dass man sich nicht auf einen festlegen muss. In landschaftlich reizvollen, verkehrsberuhigten Gegenden wie Ninh Binh und Phong Nha empfehle ich es wirklich, einen Motorroller zu mieten. Das Risiko eines schweren Unfalls ist hier bei angemessener Fahrweise wirklich gering. Das Befahren des ganzen Landes mit dem Motorrad würde ich jedoch nur Reisenden empfehlen, die über viel Sitzfleisch, eine gute Konstitution und idealerweise Erfahrung mit Motorrädern empfehlen. Die Fahrt ist natürlich ein Erlebnis und immer für eine Story im Hostel gut, kann aber bei mangelnder Vorbereitung zu mehr Frust als Urlaubsvergnügen führen.
Im Bus oder Zug kann man sich entspannen, und wenn man unter Zeitdruck ist, wird auch ein gelegentlicher Flug kein großes Loch in den Geldbeutel fressen. Ich habe alle hier beschriebenen Fortbewegungsmittel ausprobiert und würde allen Vietnamreisenden empfehlen, das gleiche zu tun, bis man die Methode gefunden hat, die einem am meisten zusagt. Die günstigste Alternative ist natürlich immer noch Laufen und auch dafür wird man in diesem Land ausreichend Gelegenheit haben…
„Was für ein Scheißland!“ „Die Einheimischen haben mich so schlecht behandelt!“ „Ich werde nie wieder kommen!“ Diese und ähnliche Kommentare konnte ich hier, hier oder auch hier lesen, als ich mich online auf meine Reise nach Vietnam vorbereitete. Ich war etwas geschockt: Anscheinend spaltet dieses Land, das doch zu den beliebtesten Zielen in Südostasien gehört, die Geister. Die einen scheinen Vietnam zu lieben, viele aber zu hassen. Gibt es etwas dazwischen? Und zu welcher Gruppe gehöre ich? Hier die schonungslose Antwort nach 20 Tagen, in denen ich fast das ganze Land von Süden nach Norden bereist habe.
Die Menschen und die Kultur
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Vietnam ist nicht Europa. Vietnam ist ein Land in Südostasien mit seiner ganz eigenen Kultur, die sich teilweise drastisch von der westlichen unterscheidet. Verhaltensweisen, die für uns ganz normal sind, können dort auf Unverständnis stoßen, und anders herum. Die Mentalität ist definitiv asiatisch und dazu gehört z.B. eine andere Wertschätzung des Ehrgefühls: In Vietnam ist es, ähnlich wie in anderen südostasiatischen Ländern, wichtig, sein Gesicht zu wahren, zumindest in der Öffentlichkeit. Man sollte einen Vietnamesen nie in eine Situation bringen, in der er sein Gesicht verliert, was jedoch gar nicht immer so einfach ist. Fragt man beispielsweise in Vietnam nach dem Weg, wird man immer eine Auskunft erhalten – diese kann jedoch völlig falsch sein. Der Einheimische wird einfach irgendeine Richtung angeben anstatt zuzugeben, dass er den Weg nicht weiß, um nicht als unwissend da zu stehen. Überhaupt wird man als Ausländer in Vietnam selten ein klares „Nein“ hören; aber auch auf ein „Ja“ oder „okay“ kann man sich nicht immer verlassen. So fragte ich die Rezeptionistin in einem Hostel, ob ich am nächsten Tag ganz früh um 06:00 Uhr einen Motorroller mieten könne. Sie sagte zwar „okay“, aber an ihrem Zögern hätte ich erraten müssen, dass die Antwort eigentlich „Nein“ war. Dementsprechend stand ich auch am nächsten Morgen zur gewünschten Uhrzeit auf der Matte, ohne die Rezeptionistin oder irgendeinen anderen Mitarbeiter vorzufinden. Überhaupt lohnt es sich, in Gesprächen zwischen den Zeilen zu lesen, was gar nicht so einfach ist, wenn man mit asiatischer Körpersprache und Mimik nicht vertraut ist. Kommt man zum Beispiel mit einem Local ins Gespräch, was ja passieren mag, wird dieser höchstwahrscheinlich eine Einladung aussprechen, einmal Abends zu Besuch vorbeizukommen. Dabei handelt es sich jedoch meist um eine Höflichkeitsfloskel, die nicht ernst gemeint ist. Man sollte also nicht in westlicher Manier gleich enthusiastisch darauf eingehen, sondern höflich und unverfänglich mit „vielleicht“ antworten, um den Einheimischen nicht in Verlegenheit zu bringen. Teilweise nahmen diese Pseudo-Einladungen extreme Ausmaße an: So wurde ich von zwei Studentinnen in Hanoi gefragt, ob ich als Ausländer zu einem Fremdsprachen-Café gehen wolle. Nach der Einladung habe ich nie wieder etwas von den beiden gehört, trotz der Zusage, mir die Details per Whatsapp zu schicken. Da ich jedoch bereits eine Weile in Vietnam gewesen war, nahm ich diesen Vorfall nicht mehr persönlich.
2. Das Verhältnis zu Ausländern
Persönlich nehmen sollte man das Verhalten der Vietnamesen generell nicht. Es wird ja oft geschrieben: Die Vietnamesen sind nicht die freundlichen und offensten Menschen in Südostasien, zumindest nicht gegenüber Ausländern. Das konnte ich bestätigen, vor allem im Vergleich zu den Philippinen. Dass die Vietnamesen mich unfreundlich behandelten, wäre jedoch eine starke und unfaire Übertreibung. Viel mehr hatte ich das Gefühl, dass die Locals gerne unter sich bleiben und es als Ausländer schwierig ist, in die einheimische Kultur eingeführt zu werden. Die Sprachbarriere und der kulturelle Unterschied, dazu noch die Schüchternheit der Vietnamesen, dürften hierbei eine wichtige Rolle spielen. Richtig abgelehnt fühlte ich mich sehr, sehr selten – als Außenseiter und Fremdkörper dafür relativ oft. Was ist mit Ressentiments gegenüber Weißen? Der Vietnamkrieg ist nun über 50 Jahre her, das heißt aber nicht, dass seine Folgen verschwunden sind. Besonders ältere Vietnamesen können sich noch lebhaft an die Kriegsverbrechen der USA und ihrer Alliierten erinnern, sind also dementsprechend nicht gut auf Weiße allgemein zu sprechen. Bei der jüngeren Generation, die den Krieg nicht mehr erlebt hat, kann das in abgeschwächter Form auch noch der Fall sein, etwa wenn deren Großeltern den Krieg noch erlebt haben. Auch darf man nicht vergessen, dass es immer noch Opfer des Nervengifts Agent Orange gibt; außerdem kann die kommunistische Propaganda, die die Kriegsverbrechen des Westens gerne instrumentalisiert, dazu beitragen, antiwestliche Stimmung zu schüren. Offene Anfeindung oder Konfrontation habe ich jedoch nie erlebt. Natürlich gibt es auch Ausnahmen – Vietnamesen, die sehr gut auf Westler zu sprechen sind: meiner Meinung nach vor allem Studenten, Mitarbeiter in Hostels und der Tourismusbranche allgemein und Geschäftsleute in größeren Firmen. Viele Leute versuchten ihr bestes, mir zu helfen: so half mir jemand in Saigon dabei, ein Zugticket zu kaufen, und ein anderer warnte mich vor den Betrugsversuchen eines Taxifahrers. Mit diesen Leuten hatte ich teilweise sehr angenehme Gespräche, die sich allerdings stets auf einer höflich-distanzierten Ebene bewegten.
Alles in allem sehe ich das Verhältnis der Vietnamesen zum Westen als leicht schizophren an: Einerseits ist da diese Distanz, höflich oder nicht, zu westlichen Besuchern. Und viele Vietnamesen werden offen über Westler lästern und schimpfen, vor allem wenn diese nicht genug Geld vor Ort ausgeben (siehe meinen Beitrag zum Mekong-Delta); andererseits kopiert die vietnamesische Gesellschaft, trotz kommunistischer Ideologie, die schlimmsten Auswüchse unserer oberflächlichen westlichen Konsumgesellschaft. Auch fiel es mir auf, dass auf Werbetafeln in Friseurläden und Fitnessstudios nur weiße Gesichter zu sehen waren. Und auch Pflegeprodukte, die einen helleren Teint versprechen, gehen hier, wie auch auf den Philippinen, gerne über die Ladentheke. In Hanoi wurde ich als Weißer fast ständig von Einheimischen begrüßt, viele wollten auch ein Foto mit mir schießen – vielleicht als Kuriosität, die sie dann ihren Freunden zeigen konnten.
Die Haltung zum Westen scheint sich also zwischen Respekt, Bewunderung, Faszination und Misstrauen oder zumindest höflicher Distanz zu bewegen. Sorgen muss man sich nicht machen, mit einem warmen Willkommen sollte man jedoch auch nicht überall rechnen.
Männliche Reisende wie ich mögen sich fragen: Und was ist mit den vietnamesischen Frauen? Hier kann ich weitestgehend nur die Meinung anderer Reisender bestätigen: Die meisten Frauen in Vietnam sind sehr hübsch, aber auch sehr distanziert. Anders als auf den Philippinen traute sich in Vietnam nur eine Frau, Hallo zu mir zu sagen. Als ich sie dann fragte, wie es ihr geht, war sie jedoch leider schock-gefroren. Anscheinend hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich ein Gespräch mit ihr anfangen würde. Angeblich geben die Vietnamesinnen loyale, fürsorgliche Freundinnen und Ehefrauen ab – dies entzieht sich jedoch meiner persönlichen Erfahrung.
3. Betrügereien und Abzocken
Vietnam ist ein hoch entwickeltes Land mit gut ausgebauter Infrastruktur, modernen Städten und einer aufstrebenden Mittelschicht. Auch der Tourismussektor ist gut entwickelt. Man muss jedoch berücksichtigen, dass Vietnam noch nicht so lange ein Touristenort ist wie beispielsweise Thailand: Einerseits bietet Vietnam Besuchern ein großes Angebot an interessanten Attraktionen, Unterkünften und Touren; andererseits bringt der Tourismus jedoch auch eine unschöne Seite mit sich: unverschämte, teilweise sehr gewiefte Betrugsversuche beinahe an jeder Ecke. Die Betrügereien reichen von überteuerten Taxifahrten, gefälschten Artikeln, angeblichen Einladungen zum Trinken, die mit dem Betäuben und Ausrauben des Opfers enden, Dem Verlangen des doppelten Preises von Ausländern und sogar falschen Grab-Fahrern. Diese Betrügereien und Abzocken, auf die ich in einem nächsten Beitrag näher eingehen werde, sind sicher nicht auf Vietnam beschränkt, ich hatte jedoch besonders in den sehr touristischen Orten wie Saigon, Hanoi und Hue das Gefühl, mich nie davor sicher fühlen zu können. Natürlich ist nur ein Bruchteil der Vietnamesen in solche Betrügereien verwickelt, doch dies sind die Leute, von denen man in Vietnam am häufigsten angesprochen wird. Nach einer Weile war ich so frustriert, dass ich den Ratschlag meiner Mutter als Kind befolgte und mit keinem Fremden auf der Straße mehr redete. Was schade war, wenn wirklich einmal ein Einheimischer ein Gespräch mit mir führen wollte und mich nicht nur als wandelnden Geldschein ansah. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich das Land in 20 Tagen paranoid gemacht hat und ich vielleicht manchmal Abzocken gewittert habe, wo gar keine waren. Doch die Alternative erschien mir nicht als sicher. Der Betrug von Ausländern mag in Vietnam als Kavaliersdelikt gelten – was verständlich ist, wenn man den Lebensstandard und das Durchschnittseinkommen von Vietnam und dem Westen vergleicht. Dennoch haben mich oft die Einheimischen vor den Betrugsversuchen gewarnt, was mich sehr gefreut hat. Und wieder einmal denke ich, man sollte die Betrugsversuche nicht persönlich nehmen: So wartete ich bei einer Haltestelle auf den Bus, bis mir ein freundlicher „Taxifahrer“ sagte, der Bus würde hier nicht halten, er könne mich aber sehr günstig zur nächsten Haltestelle fahren. Ich lehnte wohl wissend ab; als der Taxifahrer jedoch sah, dass mit mir kein Geld zu verdienen war, gab er zu, dass der erste Teil seiner Ansprache stimmte: Der Bus fuhr wirklich nicht mehr von hier ab; die Haltestelle sei jedoch einen kurzen Fußmarsch entfernt. Touristen abzuziehen war sein Beruf; dies musste jedoch nicht heißen, dass er auch etwas gegen diese hatte.
4. Das Essen
Den ganzen Tag herumlaufen und auf Angebote von Taxifahrten, speziellen Touren, gefälschten Artikeln, Massagen und Drogen höflich, aber bestimmt Nein zu sagen, macht hungrig. Wie steht es also mit dem leiblichen Wohl in Vietnam? Hier scheiden sich, wie so oft, die Geister. Viele Reisende schwärmten mir vom Essen in Vietnam vor und zogen dies dem Essen z.B. in den Philippinen vor. Während ich dieses generelle Lob auf die vietnamesische Küche nicht ganz nachvollziehen kann, gebe ich trotzdem gerne zu, dass ich in Vietnam sehr viele leckere Gerichte probieren durfte – und das meistens zu einem sehr günstigen Preis. Während das Essen meistens gut war, waren meine Erfahrungen mit Restaurants jedoch gemischter Art. Vielerorts befindet sich die Gastronomie in Vietnam noch in den Kinderschuhen, was vielleicht manche meiner negativen Erlebnisse erklärt: So verstand eine Kellnerin in Saigon, die mir die Rechnung brachte, nicht, dass ich noch einen Saft bestellen wollte, und ich musste die Rechnung gleich zahlen. Den Saft habe ich nie bekommen. In Da Nang hatte ich ein anderes Erlebnis: Ich war in einem Café, die einzigen anderen Gäste waren drei Vietnamesen. Hier musste ich nicht lange auf die Rechnung warten – sie kam 2 Sekunden, nachdem ich ausgetrunken hatte. Wieder fragte ich, ob ich noch einmal die Speisekarte haben könne, was mir auch zögernd gewährt wurde. Nachdem ich mein zweites Getränk getrunken hatte, machte ich ein Experiment: Ich wollte sehen, wie lange es dauern würde, bis jemand mir diesmal die Rechnung bringen würde. Doch nichts geschah. Ich machte freundlichen Augenkontakt mit einer Kellnerin – nichts. Währenddessen standen mindestens sieben Kellner und Kellnerinnen um mich, blödelten herum und machten Selfies. Einen anderen Gast außer mir gab es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Ich würde mich nicht als einen besonders wählerischen Gast ansehen; auch steht mir nichts ferner, als für mehr preußische Arbeitsmoral in Südostasien zu plädieren. Aber so demonstrativ ignoriert zu werden, machte mich schon sauer und würde mich auch in Deutschland sauer machen. Meine Erfahrung auf den Philippinen bestätigte sich auch in Vietnam: Die kleinen Restaurants ohne Speisekarte, in denen keine Touristen sitzen, entpuppen sich oft als die günstigsten und die besten: So bekam ich in einem kleinen Restaurant in Da Nang nicht nur Fischsuppe mit Nudeln, Limonen und unbegrenzt Tee für nicht einmal 1 Euro, sondern auch noch einen Nachschlag an Nudeln. In Hue bestellte ich für den dreifachen Preis gebratene Ente mit Reis in einem touristischen Restaurants. Was ich bekam, war eine so kleine, trostlose Portion mit ungenießbar zähem Fleisch, dass ich mich für das Restaurant schämen musste. Doch aufgrund des nie versiegenden Nachschubs an Touristen konnte es sich das Restaurant scheinbar leisten, einen solchen Fraß zu servieren.
Das Essen war definitiv überteuert, aber zumindest war der Preis durch die Speisekarte festgesetzt. Viele Reisende berichten ja davon, dass Weiße in Vietnam oft den doppelten oder den dreifachen Preis bezahlen als Einheimische. Das kann ich so nicht bestätigen – nur einmal habe ich für eine Nudelsuppe 50.000 Dong bezahlt, was definitiv das Doppelte des reellen Preises war. Dazu muss man jedoch sagen, dass es spät in der Nacht war und es der einzige Essensstand weit und breit war. Über Erfahrungen an Märkten kann ich wenig berichten, da ich ungern Souvenirs mit mir herumschleppe. Es lohnt sich jedoch, dort zu feilschen, da der genannte Preis fast immer überteuert ist. Auch hier gilt: Diese Abzocke bitte nicht persönlich nehmen! Vietnamesen wachsen nun einmal im Glauben auf, dass alle Reisendem aus dem Westen steinreich sind, und haben deshalb kein schlechtes Gewissen, von uns ein bisschen mehr zu verlangen. Bei mir war dies jedoch eher die Ausnahme als die Regel.
5. Unterbringung und Transport
Kommen wir zu einem durchwegs sehr erfreulichen Aspekt auf meiner Vietnamreise: den Unterkünften. Hier wurde ich mehr als positiv überrascht. Nicht nur waren die Hostels, von Saigon bis Hanoi, alle unglaublich günstig (für 3 Euro pro Nacht bekommt man ein Bett im Schlafsaal); auch der Service war überwiegend sehr professionell. Vom kostenlosen Frühstück über Freibier, bis hin zu Touren, Motorrad-Ausleihen und Bustickets – bei Bedarf sogar Visa-Angelegenheiten: Hostels in Vietnam beherbergen ihre Gäste nicht nur, sondern können sich um fast jeden Aspekt ihrer Reise kümmern. Fast schon fühlte ich mich ein wenig zu sehr behätschelt und getätschelt. Eine unerfreuliche Ausnahme muss ich jedoch berichten: Im Tam Coc Backpacker Hostel wurde ich übers Ohr gehauen. Beim Auschecken behauptete die Rezeptionistin, ich hätte noch nicht gezahlt, obwohl ich ihr am Vortrag das Geld persönlich gegeben hatte. Treudoof, wie ich war, hatte ich keine Quittung verlangt, sodass ich dies nicht beweisen konnte. Das Hostel beharrte auch später auf seinem Standpunkt. Dieser Vorfall ist mir sehr sauer aufgestoßen, ich würde allen Reisenden raten, immer entweder beim Auschecken zu bezahlen oder eine Quittung zu verlangen. Besonders wenn das Hostel den Reisepass noch als Pfand einbehält, können Diskussionen unvorteilhaft verlaufen. Dies war jedoch die einzig negative Erfahrung mit Hostels in meinen 20 Tagen.
Ähnlich gut wie die Hostels in Vietnam fand ich das Angebot an Fortbewegungsmitteln, das dafür sorgt, dass man dieses riesige Land doch relativ günstig und bequem bereisen kann. Hierbei steht eine Reihe von Transportmitteln zur Verfügung, die ich hier beschreibe. Auch dabei gilt: Wenn man sich vorher informiert, seine Tickets bei den offiziellen Stellen und im Hostel kauft, sollte man keine Probleme haben.
In den großen Städten werden sich nur wenige trauen, selbst zu fahren. Zum Glück gibt es gute öffentliche Verkehrsmittel
Fazit
Am Ende steht die Frage: Würde ich noch einmal nach Vietnam reisen? Die knappe Antwort dazu lautet: in nächster Zeit nicht – das liegt aber daran, dass ich genug Zeit hatte, das Land ausführlich zu bereisen, und ich nicht das Gefühl habe, eine wichtige Station oder Sehenswürdigkeit verpasst zu haben. Sicher hätte ich dem Süden des Landes ein wenig mehr Beachtung schenken und Orte wie Mui Ne, Da Lat und Na Thrang auch noch besuchen können; doch die Orte, die ich bereist habe, konnten mir bereits einen guten Einblick in das Land geben. Eine Ausnahme stellt, für viele überraschend, Saigon oder Hi Chi Minh-Stadt dar. Die Stadt ist einfach wahnsinnig vielfältig und interessant – nicht nur wegen des Nachtlebens – und ich könnte mir gut vorstellen, hier noch einmal ein paar entspannte Tage zu verbringen und die anderen Distrikte wie China Town und Korea Town zu erkunden.
Ich konnte in Vietnam viele interessante Erfahrungen sammeln und die meisten davon waren positiv. Natürlich war manches ein Kulturschock für mich – allein schon die fremde Sprache und die doch sehr verschiedene Kultur mit ihren ungeschriebenen Regeln, die ich meistens nicht verstanden habe. Auch habe ich mich, und das muss ich offen sagen, meistens als Außenseiter gefühlt und weniger Kontakt zu den Einheimischen gehabt als in anderen Ländern. Das muss aber nicht heißen, dass ich dort nicht willkommen war. Vietnam ist allein schon wegen der Vielfalt an Orten und Sehenswürdigkeiten, die ich versucht habe hier vorzustellen, eine Reise wert: von modernen Großstädten über ländliche Idylle bis zu majestätischen Naturkulissen bietet das Land eine gute Abwechslung für alle Typen von Reisenden. Dazu noch das gute Wetter, das leckere Essen, die günstigen Preise – Vietnam hat meine Erwartungen definitiv erfüllt. Vielleicht muss man dem Land jedoch etwas mehr Zeit geben – mehr als 20 Tage – um die Kultur und die Menschen besser zu verstehen. Auch die Sprache zu lernen kann sicher nicht schaden, auch wenn Vietnamesisch als für Westler schwierig bis schier unmöglich zu lernen gilt. Außerdem sollte man – dies gilt selbstverständlich für viele Länder – offen für fremde Sitten sein und nicht jede Verhaltensweise persönlich leben, sich etwa von Betrugsversuchen (auch den geglückten) nicht die Laune vermiesen lassen. Wenn man dazu noch seine Erwartungen an die Offenheit und Freundlichkeit der Einheimischen ein bisschen zurückschraubt und wachsam gegenüber allen Angeboten von Fremden bleibt, wird man meiner Meinung nach eine gute Zeit in Vietnam haben.
Und so konnte ich den vietnamesischen Studenten, die mich im Rahmen ihres Englischunterrichts interviewten und mich fragten, ob mir Vietnam gefällt, antworten: „Ja, Vietnam gefällt mir!“ Und musste dabei gar nicht mal ein so großes Pokerface aufsetzen…
Es wurde Zeit für meinen letzten Stopp vor der Hauptstadt Hanoi. Ninh Binh, eine 130.000 Einwohner-Stadt, etwa 8 Stunden von Phong Nha entfernt, versprach Ähnliches wie der Nationalpark: ländliche Idylle, unberührte Natur – dazu noch eine ganze Reihe wunderschöner Tempel. Und die Versprechungen wurden gehalten, aber dazu später mehr. Die komfortabelste Option, nach Ninh Binh zu reisen, war der Schlafbus. Dieser war erstaunlich komfortabel und ich schlummerte tief und fest, als mich der Schaffner um 04:30 Uhr Morgens weckte, weil wir in Ninh Binh angekommen waren. Gewohnt habe ich übrigens nicht in der Stadt Ninh Binh selbst, sondern in Tam Coc, einem kleinen Ort etwa 6 km entfernt. Die meisten Backpacker und Touristen bevorzugen Tam Coc aufgrund der Nähe zu den Bootstouren und der ganze Ort lebt vom Fremdenverkehr.
Meine erste Amtshandlung bestand darin, ein Fahrrad zu mieten. Natürlich kann man sich bei allen Hostels auch einen Motorroller ausleihen und dies lohnt sich, wenn man weiter entfernte Attraktionen besuchen will. Das Fahrrad ist jedoch perfekt geeignet für die schmalen, oftmals sehr schlechten Feldwege. Außerdem hat es einfach etwas ungemein Entspannendes, ohne Zeitdruck durch die herrliche Landschaft zu radeln, vorbei an grünen Reisfeldern am Fuße der üppig bewaldeten Kalksteinfelsen.
Meine erste Anlaufstelle war die Bich Dong-Pagode, ein Tempelkomplex, dessen Ursprünge bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen. Die Pagode selbst, sowie die in einer Höhle gelegenen buddhistischen Schreine sind sehr sehenswert – richtig beeindruckend ist jedoch das Tal hinter der Pagode. Hier, am Ufer eines ruhigen Flusses, im Schatten der majestätischen Kalksteinfelsen, hört man nur das Quaken der Frösche, das von den Felsen widerhallt, während Ziegen am Ufer grasen und eine Bäuerin neben einer kleinen Hütte das Reisfeld bestellt. Obwohl das Tal nur wenige Minuten von der Landstraße entfernt ist, fühlte ich mich fernab der modernen Welt, wie in einem verwunschenen Tal, das von der Zeit vergessen wurde.
Eingang zur Bich Dong-Pagode
Eine genau so empfehlenswerte Sehenswürdigkeit istHang Mua, etwas weiter nördlich der Pagode. Hierbei handelt es sich um einen Schrein zu Ehren Guanyins, die aufmerksame Leser bereits im Beitrag über Đà Nẵng kennen gelernt haben. Bis man aber zum Schrein und damit zur grandiosen Aussicht gelangt, muss man einen brutalen Aufstieg von fast 500 Stufen hinter sich bringen. Die Strapazen lohnen sich jedoch: Nicht nur hat man von dort oben ein großartiges Panorama auf die Berge und den Fluss, der durch das Tal fließt; wer schwindelfrei ist, kann außerdem auf der Bergkuppe herumklettern und sich dabei am Wahrzeichen Hang Muas festhalten – einem steinernen Drachen, der den Schrein bewacht.
Auch am Fuße des Berges gibt es etwas zu sehen: die Tigerhöhle mit einem dazu passenden Schrein, und eine Höhle, in der man die Schuhe ausziehen und auf einem steinernen Steg durch seichtes Wasser waten kann.
Am frühen Abend machte ich mich auf den Weg zurück in mein Hostel und genoss dabei die laue Abendluft und die nun fast menschenleere Landschaft. Dabei fiel mir eine weitere Besonderheit Ninh Binhs auf: die gebratenen Ziegen, die fast überall am Straßenrand verkauft wurden und die ich erst für Attrappen hielt. Das Ziegenfleisch Ninh Binhs ist weit und breit für seine besondere Qualität bekannt – kein Wunder, wenn man sieht, wie die Ziegen auf den weitläufigen Felsen herumklettern. Es lohnt sich daher unbedingt, ein Gericht mit Ziegenfleisch zu probieren, zum Beispiel gebratene Ziege mit Zitronengras im Tam Dhat-Restaurant neben der bekannteren Bamboo-Bar.
Eine Spezialität Ninh Binhs – gebratene Ziege
Am nächsten Tag wollte ich den Fluss, den ich am Vortag vom Aussichtspunkt bei Hang Mua betrachten konnte, aus der Nähe sehen, und eine Bootstour mieten. Dafür hätte ich direkt in Tam Coc bleiben können; Mitreisende empfahlen mir jedoch die Ecotourism Tour im Trang An-Nationalpark, die man von Tam Coc aus in einer halben Stunde mit dem Motorroller erreichen kann. Es gibt drei Touren, deren Unterschiede mir am Anfang nicht wirklich ersichtlich waren. Angeblich ist Tour 3 die am wenigsten befahrene, auf Tour 1 steuert man jedoch die meisten Höhlen und Tempel an. Ich entschied mich an diesem Tag für Quantität und wählte die erste Tour. Alle Touren kosten 200.000 Dong (7 Euro). Nach dem Ticketkauf steigt man auf ein kleines Ruderboot um und lässt sich vom Bootsführer – oder in den meisten Fällen der Bootsführerin – über den Fluss paddeln und genießt die Landschaft. Die Bootstour führt durch einige Höhlen, in denen man den Kopf einziehen muss – außerdem stoppt das Boot bei drei Tempeln, die man besichtigen und bei denen man sich stärken kann. Die Bootstour ist wirklich zu empfehlen, auch wenn sich die Höhlen und Tempel meiner Meinung nach nicht drastisch voneinander unterscheiden. Die Landschaft des Trang An-Nationalparks ist vom Boot aus einfach wunderschön anzuschauen und es ist kein Wunder, dass die Gegend als Schauplatz für den neuen King Kong-Film, sowie für den etwas älteren Film „Indochine“ ausgesucht wurde.
Ein weiteres Wahrzeichen ist Hua Lu Ancient Capital, etwas nördlich vom Ecotourism Center gelegen. Hua Lu war die Hauptstadt der ersten vietnamesischen Dynastien im 10. und 11. Jahrhundert. Von der alten Pracht der Hauptstadt sind jedoch nur noch wenige Tempel und eine goldene Kutsche übrig. Die Tempel sind weder besonders eindrücklich, noch besonders groß – der Eintritt ist jedoch mit 20.000 Dong (70 Cent) nicht teuer und Hua Lu liegt auf dem Weg zur wohl bekanntesten Attraktion Ninh Binhs – Bai Dinh.
>Bai Dinh ist nicht nur ein Tempel, sondern ein weitläufiges Areal mit Pagoden, Tempeln, einer gigantischen Stupa und einer Buddhastatue. Der Komplex ist so groß, dass man sich mit dem Elektrobus chauffieren lassen kann. Der Preis ist jedoch mit 30.000 Dong (1 Euro) für ein einfaches Ticket vergleichsweise hoch. Wer also genug Zeit hat, sollte zu Fuß gehen. Der historische Tempel befindet sich im nördlichen Teil des Areals. Wie so oft gelangt man über steile Treppenstufen dorthin. Der Großteil des Tempelkomplexes ist jedoch relativ neu und wurde erst im Jahr 2010 fertig gestellt. Besonders der erste Tempel beeindruckt durch seine schiere Größe und die majestätischen Buddhastatuen im Innenraum. Überhaupt stellt Bai Dinh einen Superlativ dar – es handelt sich um den größten Tempel Vietnams, außerdem befindet sich dort die mit 100m höchste Stupa des Landes. Wer wirklich alles sehen will, sollte für einen Besuch mindestens 2 Stunden einplanen.
Die größte Pagode Vietnams in Bai Dinh
Der Eintritt zu den Pagoden ist übrigens kostenlos, lediglich für das Parken muss man zahlen (im Durchschnitt etwa 10.000 Dong, also 35 Cent), dabei macht es keinen Unterschied, ob man mit dem Motorroller oder dem Fahrrad unterwegs ist. Die Parkwächter können sehr deutlich werden und ich weiß nicht, ob man sein Gefährt ungestraft am Wegrand abstellen kann.
Fazit
Insgesamt fand ich Ninh Binh, das heißt vor allem die Umgebung, sehr schön und idyllisch. Die Landschaft hätte mich wahrscheinlich noch mehr vom Hocker gehauen, hätte ich nicht vorher den unglaublich schönen Phong Nha-Nationalpark besucht, dennoch strotzt Ninh Binh vor schönen Orten, die einen vergessen lassen, dass man sich in einem hoch entwickelten Land im Jahr 2018 befindet. Wie gesagt erkundet man die malerische Landschaft am besten auf eigene Faust mit dem Fahrrad oder dem Motorroller, und am besten plant man mindestens zwei Tage ein. Das einzige, was meine Freude trübte, war, dass ich an meinem letzten Tag in meinem Hostel um 200.000 Dong (7 Euro) geprellt wurde, was mir sehr sauer aufgestoßen ist. Mehr Informationen zum Vorfall folgen in einem nächsten Beitrag. Überhaupt habe ich vielerorts den Tipp gelesen, nicht in der Stadt Ninh Binh, sondern im kleineren Tam Coc zu übernachten. Ich kann mich diesem Ratschlag nicht anschließen: Ninh Binh ist keine große Stadt und abseits der Hauptstraße wirklich ruhig und beschaulich. Man findet dort alle Annehmlichkeiten und genießt eine zentrale Lage zu den Sehenswürdigkeiten. Außerdem kann man sich so die Taxifahrt nach Tam Coc sparen, die noch einmal mit 70.000 Dong (2,50 Euro) zu Buche schlagen kann.
Nach meinem etwas ernüchternden Aufenthalt in Huế sollte nun das absolute Highlight in Vietnam folgen: meine Reise in den Nationalpark Phong Nha-Kẻ Bàng (kurz: PNKB) an der Grenze zu Laos. Der Nationalpark in diesem bewaldeten Gebirgszug wurde bereits in den 90er Jahren gegründet, für Touristen bekannt wurde der Ort jedoch erst später, als Geologen im Jahr 2009 20 neue Höhlen in den Kalksteinfelsen entdeckten. Darunter befindet sich Sơn-Đoòng, die größte Höhle der Welt. Einen Besuch können sich die meisten von uns jedoch aus dem Kopf schlagen: Die Tour kostet 3000 US-Dollar und nur wenige Besucher werden Jahr für Jahr zugelassen. Dennoch gibt es andere Höhlen, die zusammen mit der malerischen Karststeinlandschaft Besucher magisch anziehen und dem Ort Phong Nha einen bemerkenswerten Aufschwung beschert haben. Noch vor 20 Jahren mussten die Bewohner ohne Autobahn-Anbindung und Elektrizität leben – heute verdienen die gleichen Jäger und Wilderer, die früher durch die ausgedehnten Wälder Phong Nhas gestreift sind, ihr Geld mit dem Tourismus – ohne dass der Nationalpark jedoch stark überlaufen wäre. Es handelt sich, trotz gut ausgebauter Infrastruktur, immer noch um einen Geheimtipp bei Vietnam-Urlaubern, den ich mir nicht entgehen lassen wollte.
Ich nahm den Zug von Huế nach Dong Hoi, wo ich wegen schlechtem Wetter einen Tag verbrachte, bevor ich mit dem Bus die kurze Strecke nach Phong Nha fuhr. Bereits auf der Fahrt fiel mir auf, wie sich die Landschaft veränderte, ländlicher und grüner wurde und die ersten bewaldeten Kalksteinfelsen auftauchten. Im Ort Phong Nha schließlich fällt der Blick auf die Felsen (darunter einer mit dem Namen der Stadt). Dies ist aber nur ein Vorgeschmack auf die Schönheit, die Besucher in diesem schmalen Landstrich an der Grenze zu Laos erwartet!
Ich vergeudete keine Zeit und mietete in meinem Hostel einen Motorroller. Nur kurz voll tanken und los sollte die Fahrt durch den Nationalpark gehen – am Ufer eines malerischen Flusses entlang, über verkehrsberuhigte aber dennoch gut ausgebaute Landstraßen. Hier muss man sich über hupende Autos und Lkws keine Gedanken machen – auf die Straße laufende Hunde und Hühner stellen eine größere Gefahr dar – zusammen mit Herden von Kühen, die den Weg versperren und Fahranfänger-Touristen, die so durch die Schönheit der Landschaft geblendet sind, dass sie sich gerne mal zu weit in die Kurven lehnen. Der exzessive Gebrauch der Hupe, besonders an unübersichtlichen Stellen, empfiehlt sich! Es ist allerdings tatsächlich schwer, sich auf die Straße zu konzentrieren bei einem Anblick wie auf den Bildern unten. Alle fünf Minuten kam ich an eine Stelle, die noch ein besseres Fotomotiv bot als die letzte, so dass ich mich zwingen musste, endlich weiter zu fahren, ohne ständig nur Fotos zu schießen!
Das Leben am Fluss geht seinen ruhigen Gang.
Phong Nha mit dem Motorroller zu erkunden, ist ein besonderes Erlebnis.Hinter jeder Ecke bietet sich ein weiterer atemberaubender Anblick.
Mir stand der Sinn nach einer Wanderung in dieser malerischen Landschaft, die wie aus einer anderen Welt zu stammen schien. Leider ist das Wandern ohne Guide weder offiziell erlaubt noch empfehlenswert (es gibt keine öffentlichen Wanderwege und das Terrain ist sehr unzugänglich und gefährlich). Die Touren, die angeboten werden, beginnen erst ab 1.300.000 Dong (46,40 Euro) – eine Summe, mit der ich als Rucksacktourist gerne einmal 2 volle Tage überleben könnte. Diese Option schied für mich also aus. Zum Glück gibt es den Botanic Garden – ein weitläufiges Areal, in dem man nach Herzenslust wandern kann ohne die Gefahr, sich zu verlaufen. Highlight des Wanderwegs ist ein Wasserfall, außerdem gibt es ein kleines Dokuzentrum, ein Affengehege, eine Baumschule und mehrere Aussichtsplattformen. Der Eintritt kostet 40.000 Dong (1,40 Euro) und auch ein günstiges Restaurant findet sich dort. Mir hat das Wandern im Park sehr gut gefallen. Es gibt drei unterschiedlich lange Wanderwege, von denen der längste etwa 3 Stunden dauert. Die Artenvielfalt, die dichte Flora und die vielen Schmetterlinge sind beeindruckend und vom Wasserfall – bei dem man leider nicht schwimmen kann – hat man eine herrliche Aussicht auf das bewaldete Tal.
Für auserlesene Besucher schlägt der Pfau am „Peacock Viewpoint“ auch mal ein Rad.Blick auf die Straße im Tal.Der Weg zum Wasserfall ist etwas rutschig, aber gut gesichert……und die Aussicht entschädigt für den anstrengenden Aufstieg.
Die Hauptattraktion Phong Nhas sind für viele definitiv die Höhle. Ich habe aus Kostengründen nur eine Höhle besucht, für Touristen stehen aber mehrere zur Auswahl:
Die Phong Nha Höhle befindet sich am nächsten zum Ort und ist nur über den Fluss zu erreichen. Das Boot kostet 360.000 Dong (13 Euro), man kann die Kosten aber durch die Anzahl der Passagiere teilen (maximal 8).
Die Tien Son Höhle befindet sich gleich neben der Phong Nha Höhle. Wenn man ohnehin das Boot zu dieser Höhle nimmt, kann man den Eintritt in die Tien Son Höhle dazubuchen.
Dark Cave ist mit 450.000 Dong (16 Euro) die teuerste Höhle in Phong Nha, bietet jedoch auch das vielfältigste Programm. Der Ausflug beginnt mit einer Zip-Line zur Höhle, dann schwimmt man 200 Meter zum Eingang der Höhle, wo man ein Schlammbad nimmt. Anschließend geht es in die Höhle, die jedoch nicht so weitläufig ist, wie die
Paradise Cave: die Höhle, für die ich mich entschieden habe. Der Eintritt kostet 250.000 Dong (9 Euro) und man kann mit dem Roller hinfahren. Nach einem kurzen Fußweg, den man gegen Aufpreis auch mit dem Elektroshuttle zurücklegen kann, und einem knackigen Aufstieg betritt man die Höhle, die wirklich recht weitläufig ist. Die Paradise Cave hat ihren Namen nicht zu Unrecht: Der riesige Komplex ist wunderschön ausgeleuchtet und beherbergt einige sehr interessante Tropfsteinformationen. Zwar nicht die größte Höhle, die ich besucht habe, jedoch bestimmt die vielfältigste.
Das Wandern und der Besuch der Höhle waren sehr lohnenswert – das Highlight für mich war es jedoch, einfach mit dem Roller ganz entspannt durch den Phong Nha–Nationalpark zu fahren und den weiten Ausblick über die wunderschöne Landschaft zu genießen, ab und zu an zu halten und die Umgebung mit ihrer Stille einfach nur auf mich wirken zu lassen. Durch meinen Trip auf die Philippinen war ich schon viele herrliche Naturkulissen gewohnt, doch die Pracht, die sich mir hier darbot, stellte alles Bisherige in den Schatten. Ich hoffe, die Bilder geben zumindest einen ungefähren Einblick, wie malerisch diese fast unberührte Gegend ist. Möge dies, trotz steigender Touristenzahlen, auch in Zukunft so bleiben!
Wer von Botanic Garden kommend nach der Kreuzung weiterfährt, kommt zu einem Kriegerdenkmal……und einem Tempel für die Gefallenen des Vietnamkrieges.
Huế ist der Name der alten vietnamesischen Kaiserstadt, Regierungssitz der Nguyễn-Dynastie (1802–1945) und bis 1945 Hauptstadt des Landes. Für Touristen ist sie besonders wegen der Zitadelle interessant – einer Stadt innerhalb der Stadt, die dem Vorbild der Verbotenen Stadt in Peking nachempfunden und während der Tet-Offensive im Vietnamkrieg schwer beschädigt wurde.
Mit dem Zug lässt sich Huế von Đà Nẵng aus bequem in 2,5 Stunden erreichen, die Option soft seat bietet genug Beinfreiheit und Stromanschluss an Bord. Vom Bahnhof aus ist es nicht weit zur Zitadelle und zu den vielen Hostels, die sich in nächster Nähe befinden. Außerhalb der Verbotenen Stadt fand ich Huế auf keinen Fall der Rede wert – die Stadt ist überfüllt, der Verkehr besonders chaotisch und alle fünf Minuten wird man gefragt, ob man Drogen kaufen will. Warum das ausgerechnet in Huế so ist, weiß ich nicht. Fest steht jedenfalls, dass die Stadt ein ernstes Drogenproblem, vor allem unter Jugendlichen, hat. Und anscheinend gibt es immer noch Touristen, die dumm genug sind, auf diese Abzocke hereinzufallen.
Früh morgens machte ich mich zu Fuß auf in Richtung Zitadelle auf der anderen Seite des Parfüm-Flusses. Das erste Wahrzeichen, an dem man vorbeikommt, ist Kỳ Đài, das dem Fluss zugewandte Fort mit dem Flaggenturm, der im Vietnamkrieg zerstört und durch einen Betonmast ersetzt wurde.
Über den Parfüm-Fluss geht es zur Zitadelle von HueDieses Fort sollte einst die Verbotene Stadt beschützen.
Bevor man die Verbotene Stadt innerhalb der Zitadelle betreten kann, muss man sich ein Ticket für 150.000 Dong (5,30 Euro) kaufen. Danach geht man durch das Haupttor, das Noon Gate mit seinen fünf Eingängen (von denen der zentrale dem Kaiser allein vorbehalten war) und betritt den Vorplatz zum Thai Hoa Palast. Dieser ist meiner Meinung nach das schönste Gebäude der Verbotenen Stadt – vor allem der riesige mit Gold verzierte Innenraum mit seinen chinesischen Insignien ist sehenswert (was vielen Vietnamesen angesichts von Spannungen mit dem großen Bruder China nicht gefallen mag: die Nguyễn-Dynastie sah sich im Grunde selbst als chinesisch, modellierte ihre Hauptstadt anhand der chinesischen und zollte dem Kaiser von China symbolischen Tribut). Leider ist Fotografieren im Inneren nicht gestattet, darum hier ein Bild, das nicht von mir stammt.
Der Thai Hoa Palast
Mit dem Palast hat man meiner Meinung nach auch das schönste Wahrzeichen der Verbotenen Stadt gesehen. Was folgt, sind große freie Flächen, die jedoch nicht besonders sehenswert sind. Die Bilder zeigen, dass Huế trotz der 40 Jahre, die seit dem Krieg vergangen sind, immer noch größtenteils eine Trümmerwüste ist, auch wenn der Wiederaufbau in vollem Gange ist. Neben einer Ausstellung über die Edikte der Nguyễn-Dynastie, die diese Blütezeit vietnamesischer Machtentfaltung in besonders strahlendem Licht erscheinen lassen, und einer sehr kunstvollen Drachenstatue (Symbol für die Kaiserwürde), gibt es hier im zentralen Teil der Verbotenen Stadt nicht viel zu sehen.
Immer noch eine Baustelle – die im Krieg zerstörte Verbotene Stadt
Etwas außerhalb liegen einige kunstvoll verzierte Tore, durch die man Zugang zu den Gemächern der Kaiser-Mutter, der Ehefrauen und der Konkubinen hat. Insgesamt muss man für den Besuch der Verbotenen Stadt nicht mehr als zwei Stunden einplanen.
Ich hatte noch etwas Zeit, bevor mein Zug fuhr, darum lieh ich mir für 40.000 Dong (1,4 Euro) ein Fahrrad aus und radelte zu einem weiteren Wahrzeichen der Stadt: der Thien Mu-Pagode, die 1601 auf einer Anhöhe über dem Parfüm-Fluss errichtet wurde. Die Pagode selbst ist nicht besonders eindrucksvoll. Mit ihrem siebenstöckigen Turm soll sie die höchste Pagode Vietnams sein, was ich nach meinem Besuch der riesigen Stupa in Ninh Binh jedoch bezweifle. Allerdings ist die Strecke zur Pagode am Parfüm-Fluss entlang ganz malerisch und wenig befahren. Außerdem befindet sich dort ein ungewöhnliches Ausstellungsstück: Das Auto, mit dem der buddhistische Mönch Thích Quảng Đức zu einer Straßenkreuzung fahren ließ, um sich aus Protest über die Diskriminierung von Buddhisten im Land selbst zu verbrennen.
Insgesamt hatte ich einen halben Tag für Huế eingeplant und diese Zeit halte ich im Nachhinein für absolut ausreichend. Der Besuch der Zitadelle dauert nicht lange, auch für die Thien Mu-Pagode muss man nicht viel Zeit investieren. Mitreisende konnten mir die Gräber der Nguyễn-Kaiser etwas außerhalb des Stadtzentrums empfehlen, diese sollen ganz schön sein. Auch Thuan An Beach wurde mir ans Herz gelegt, ist aber sicher nicht der Hauptgrund, nach Huế zu reisen . Insgesamt hat mich Huế etwas enttäuscht, angesichts der Bekanntheit der Stadt hatte ich mehr erwartet: Die Verbotene Stadt ist zwar sehr weitläufig, aber architektonisch nicht sehr sehenswert. Wenn man sich dann noch vor Augen hält, dass kein Stein in der Zitadelle mehr original ist, wird das Erlebnis noch einmal getrübt. Wenn ich die Wahl zwischen Hoi An und Huế hätte, würde ich mich jederzeit für ersteres entscheiden. Wer sich jedoch für die Geschichte der vietnamesischen Kaiserzeit interessiert, wird um einen Besuch Huếs kaum herumkommen.
Mit dem Bus fuhr ich von der Metropole Đà Nẵng nach Hội An, einem kleinen, aber bei Touristen sehr beliebten Ort, nur eine Stunde entfernt. Hội An war früher eine bedeutende Hafenstadt, wichtig für den südostasiatischen Seehandel. Im 17. Jahrhundert verlor die Stadt rapide an Bedeutung im Vergleich zum 30 km entfernten Đà Nẵng – aus heutiger Sicht jedoch an Glücksfall für Hội An, denn so blieb die historische Altstadt sowohl von Modernisierungsversuchen als auch von Kriegsschäden verschont. Im Jahr 1999 wurde die Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und zieht seitdem Jahr für Jahr Tausende von Touristen an.
Ich stieg im Mr. Che Hostel nahe der Altstadt ab, das neben kostenlosem Frühstück auch mit Freibier von 18:00 bis 18:30 Uhr wirbt. Von dort aus sind es nur fünf Minuten zum historischen Zentrum Hội Ans. Zuerst musste ich mich entscheiden, ob ich ein Ticket für die Altstadt kaufen sollte, um Zutritt zu den Pagoden und Museen zu bekommen. Der Preis für das Ticket beträgt 150.000 Dong (5,40 Euro), die Verkäuferin versicherte mir, dass ich damit „many things“ anschauen könne. Nach dem Kauf sah ich, dass damit fünf Attraktionen gemeint waren, die man mit dem Ticket besichtigen kann. Nicht eingeschlossen ist der Besuch einer traditionellen Theaterveranstaltung im Hoi An Traditional Art Performance Theatre. Es gibt in der Altstadt definitiv mehr als fünf Attraktionen, darum versuchte ich, eine gelungene Auswahl zu treffen.
Als erstes ging ich zum Pháp Bảo Temple, der wohl schönsten und farbenprächtigsten Pagode Hội Ans, etwas außerhalb der Altstadt. Der Tempel weist einen schönen, weitläufigen Garten auf und der Eintritt ist kostenlos.
Danach besichtigte ich die Hainan Assembly Hall, die im Jahr 1851 von chinesischen Einwanderern aus der Provinz Hainan zur Versammlung und Anbetung erbaut wurde. Außerdem werden dort 108 chinesische Märtyrer verehrt, die als angebliche Piraten zu Unrecht hingerichtet worden waren.
Das viele Herumlaufen durch die überfüllten und lauten Straßen der Altstadt (nein, sie ist nicht für den Fahrzeugverkehr gesperrt) hatte mich durstig gemacht, und so ging ich zur kostenlosen Teeprobe. Hier kann man Tee aus allen Regionen Vietnams und darüber hinaus probieren, erfährt etwas über die verschiedenen Sorten und kann auch Tee kaufen.
Etwas lebendige Kultur sollte auch sein, darum machte ich mich auf den Weg zu einer traditionellen Sing- und Tanzvorführung. Allerdings war ich recht spät dran und konnte dementsprechend nur einen unvorteilhaften Stehplatz ergattern. Die Musik war interessant, für meine westlichen Ohren jedoch sehr gewöhnungsbedürftig.
Mich faszinierte die Idee einer kleinen Hafenstadt, in der Händler aus verschiedenen Regionen Südostasiens auf engstem Raum zusammen lebten, ihre Bräuche und Traditionen mitbrachten, diese jedoch auch veränderten. Um mehr über die Lebensweise der Einwohner in früheren Zeiten zu erfahren, steuerte ich das Museum of Folk Culture an. Hier dokumentieren viele interessante Exponate die Geschichte der Stadt. Wer sich eher für die neuere Geschichte Hội Ans interessiert, dem kann ich das Hoi An Museum ans Herz legen.
Ihre wahre Schönheit entfaltet die Altstadt übrigens erst nach Einbruch der Dunkelheit. Dann werden die Straßen von farbigen Lampignons erhellt und die Lichter der Bars und Restaurants spiegeln sich malerisch im Han-Fluss, während Touristen und Locals kleine Schiffe mit Teelichtern zu Wasser lassen. Einzig die Masse an Touristen trübt die romantische Stimmung ein wenig und das ist dann wohl auch mein größter Kritikpunkt an Hội An: Die Altstadt ist einfach zu überfüllt. Es würde schon helfen, Motorroller und Autos dort zu verbieten. Die Häuser mögen das Bild einer traditionellen südostasiatischen Hafenstadt gut erhalten wiedergeben – besonders schön anzusehen sind sie (von den bunten Lichtern abgesehen) jedoch nicht. Überall warten Händler, alles ist sehr touristisch. Auch ist die Altstadt sehr klein. In einer halben Stunde hat man sie abgeschritten und kann sich dann entscheiden, welche Örtlichkeiten man sich mit dem gekauften Ticket näher ansehen möchte.
Mỹ Sơn
Am nächsten Morgen brach ich früh auf, um eine weitere Attraktion der Region zu besichtigen – die Tempelstadt Mỹ Sơn. Die meisten werden bereits von Angkor Wat gehört haben, dem riesigen Tempelkomplex, der von der Hochkultur der Khmer errichtet wurde. Die gleiche Hochkultur, in Vietnam Champa genannt, errichtete 50 km südwestlich von Hội An eine Tempelstadt, deren Überreste zwar bei weitem nicht an die Größe und Schönheit Angkor Wats heranreichen, aber allemal einen Besuch wert sind.
Mit dem Motorroller (den ich für 150000 VND im Hostel gebucht hatte) brauchte ich etwa 2 Stunden von Hội An, allerdings wollte ich auch eine ruhige Strecke nehmen, auf der ich etwas von der Landschaft und den kleinen Dörfern sehen konnte. Dafür sollte sich diese Strecke als perfekt erweisen – Dank dafür geht an hoanbikerental.com für die Route, die auch für Anfänger sehr gut befahrbar ist. Allerdings kam ich um 10:00 Uhr doch etwas später an als geplant, weshalb der Eingang der Ruinenstadt schon mit Touristen überschwemmt war. Es lohnt sich hier, wie bei den meisten Attraktionen Vietnams, möglichst früh zu kommen. Am Eingang entrichtet man den Eintrittspreis von 150.000 Dong (5,30 Euro) und hat dann die Wahl, kostenlos mit dem Elektro-Shuttle zu den Ruinen gefahren zu werden, oder die 2 km zu laufen. Ich entschied mich fürs Laufen, weil man so die wirklich schöne Landschaft noch besser bewundern kann. Oben angekommen warten ein Restaurant und ein Museum, in dem man mehr über Mỹ Sơn und die Champa-Kultur erfahren kann. Ich wollte jedoch endlich die Ruinen ansehen, die sich in verschiedenen Arealen befinden. Vor allem drei Areale werden von Touristen besucht, die restlichen Ruinen werden gerade noch von vietnamesischen und französischen Archäologen ausgegraben.
Es wurde Zeit für mich, den Süden Vietnams hinter mich zu lassen und ein gutes Stück auf meinem Weg nach Hanoi zurück zu legen. Ich wollte nach Đà Nẵng, einer Millionenstadt in Zentralvietnam, etwa auf halber Strecke zwischen Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi. Der schnellste Weg dorthin wäre das Flugzeug gewesen – einen Flug hätte ich bereits für 40 Euro bekommen. Da ich genug Zeit hatte, wollte ich jedoch eine andere Option ausprobieren: den Wiedervereinigungs-Zug, der seit 1995 von Süden nach Norden fährt und auch in Đà Nẵng Halt macht. Die Fahrt dauert 17 (!) Stunden und Reisende haben vier Optionen: harter Sitz, weicher Sitz, hartes Bett, weiches Bett. Die ersten beiden schieden für mich aus – schließlich wollte ich einigermaßen bequem schlafen. Die teuerste Option wollte ich dann aber auch nicht nehmen, sodass ich mich für das harte Bett entschied. Der Preis betrug umgerechnet 20 Euro, die Hälfte des Flugtickets etwa. Ob die gesparten 20 Euro die Strapazen der Reise jedoch wert waren, ist eine andere Frage.
Die Abteile des Zuges sind mit sechs Betten ausgestattet, von denen jeweils drei übereinander liegen. Natürlich hatte ich das oberste Bett, und natürlich war es nicht für Europäer gebaut! In diesem Moment war ich sehr froh, dass ich nur 1,75 Meter groß bin, dennoch war mein Schlafplatz sehr beengt und erinnerte mich stark an meine letzte Untersuchung im Computertomographen, oder alternativ an meinen Abstieg in die Cu Chi Tunnel. Das harte Bett ist übrigens wirklich hart – hier wird nicht zu viel versprochen. Der Zug besitzt Steckdosen, Toiletten und Waschbecken; wer hungrig ist, kann sich Maiskolben und andere Snacks kaufen. Die Fahrt war erträglich: Trotz des starken Schaukelns konnte ich ein paar Stunden schlafen. Die restliche Zeit lenkte ich mich mit Fernsehen ab und freute mich auf ein richtiges Bett, in dem ich mir nicht ständig den Kopf an der Decke anstieß.
Nichts für Menschen, die an Platzangst leiden – der Wiedervereinigungs-Zug
Nach 17 Stunden konnte ich es kaum erwarten, den Zug zu verlassen, und ich machte mich auf den Weg in mein Hostel, das Hachi Hostel, Đà Nẵng. Das Hostel ist empfehlenswert, die Bedienung kompetent. Nur ein Frühstück ist nicht inklusive, was jedoch in den meisten Hostels in Vietnam zum Standard gehört.
Nach einer kurzen Mittagspause erkundete ich die Stadt. Đà Nẵng erinnert definitiv an Ho-Chi-Minh-City, ist mit seinen etwa 1 Millionen Einwohnern jedoch deutlich kleiner und weniger chaotisch. Die Straßen sind sehr sauber, die Gebäude modern, und man merkt, dass Đà Nẵng als bedeutende Hafenstadt das Prestigeobjekt der Zentralregierung Vietnams ist. Davon zeugt besonders ein beeindruckendes Wahrzeichen: die Drachenbrücke. Die erst 2013 fertig gestellte Brücke ist vor allem Nachts sehenswert. Dann erstrahlt die an einen Drachen erinnernde Konstruktion in bunten Farben und speit an bestimmten Tagen sogar Feuer.
Auch in Đà Nẵng gibt es einen großen Markt, den Han Market, auf dem man vor allem Kleidung, Obst und Souvenirs findet. Die Händler dort sind angenehmerweise weniger aufdringlich als in Ho-Chi-Minh-Stadt. Wer zu Fuß in der Innenstadt unterwegs ist, kann, wie ich, noch die Kathedrale von Đà Nẵng und die Pho Da Pagode besuchen: Der Eintritt ist kostenlos und man kann ungestört von vielen Touristen den geschmückten Innenraum bewundern.
Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man auch einmal über die Trần-Thị-Lý-Brücke südlich der Drachenbrücke laufen, deren Stahlträger nachts in ein buntes Farbenspiel getaucht werden. Bei einem Spaziergang an der fast menschenleeren Uferpromenade mit Blick auf die Lichter der Innenstadt ließ ich den Tag ausklingen.
Tag 2: Marble Mountains, My Khe Beach, Green Lake & Linh Ung Pagode
Am nächsten Tag brach ich früh auf, um eine Hauptattraktion Đà Nẵngs zu besichtigen: die Marble Mountains. Dabei handelt es sich um fünf Berge im Süden von Đà Nẵng, die sich deutlich von der flachen Umgebung abzeichnen und die fünf Elemente Metall, Wasser, Feuer, Erde und Holz symbolisieren. Die Berge bestehen aus Kalkstein und Marmor. Aus letzterem stellten örtliche Steinmetze seit Jahrhunderten kunstvolle Statuen her und tun dies noch – auch wenn der Marmor jetzt größtenteils aus China und Pakistan importiert wird. Alle Berge beheimaten buddhistische Tempel und Schreine, die teilweise in Höhlen errichtet wurden.
ein Skulpturengarten am Fuß der Marble MountainsDas Haupterzeugnis der Marble Mountains – religiöse Statuen aus Marmor
Besichtigen kann man übrigens nur einen der Berge, Thuy Son. Mit dem Taxi fuhr ich bis zum Fuß des Berges, suchte dann vergeblich den Eingang, stapfte mal wieder in anderer Leute (zugegebenermaßen wunderschönen) Vorgärten herum, bis mir der richtige Weg gewiesen wurde. Der Eintritt kostet 40.000 Dong (1,40 Euro), den Weg zum ersten Tempel kann man zu Fuß oder mit dem Fahrstuhl zurücklegen.
Oben angekommen hat man verschiedene Optionen: Ich entschied mich dazu, zuerst die Haupthöhle zu besuchen, bevor die ersten Touristen ankamen. Und die Entscheidung war richtig! Die Atmosphäre in der menschenleeren Höhle mit ihrer aus dem Fels gehauenen Buddhastatue, den reich verzierten Schreinen, der leisen Musik und dem Duft der Räucherstäbchen war einmalig und sehr andächtig.
Schnell war es jedoch vorbei mit der Besinnung. Um 09:00 Uhr kamen die ersten Busladungen mit Touristen an und der Berg füllte sich schnell. Ich besichtigte noch zwei andere Höhlen, die ich jedoch nicht der Rede wert fand, und wagte dann den Aufstieg zum höchsten Aussichtspunkt des Berges. Von dort hat man eine herrliche Aussicht auf die Stadt, das Hinterland und den Strand. Insgesamt kann ich die Marble Mountains nur weiter empfehlen. Zwar sind die Berge nicht besonders hoch, aber der Besuch Thy Sons hat mir gut gefallen: Die wunderschöne Tempelanlage, die beeindruckende Höhle und die vielen Marmorfiguren haben mir zwar nicht für Stunden gefesselt, aber ich hatte doch das zufriedene Gefühl, etwas in dieser Konstellation Einzigartiges gesehen zu haben.
Eigentlich wollte ich anschließend zu My Khe Beach, dem bekanntesten Strand der Stadt. Auf dem Weg dorthin fiel mir jedoch auf, dass eine sehr breite Straße zu einem näheren Strandabschnitt führte, Sơn Thủy Beach. Dieser Strand hat mich wirklich positiv überrascht. Das Wasser war sauber und klar, der Sand weitgehend frei von Müll und – womit ich nicht mehr gerechnet hatte – der Strand war komplett menschenleer. Zur Zeit meines Besuches existierte auch noch nicht viel Infrastruktur an diesem Abschnitt, auch wenn gerade viele Hotels und Strandresorts gebaut wurden.
Soll es auch noch geben – ein menschenleerer, sauberer Sandstrand
Weiter nördlich, am My Khe Beach findet man schon mehr Touristen, doch auch dieser Strand überzeugt durch Sauberkeit und weichen, feinen Sandstrand vor der Kulisse der Skyline und der Berge auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht.
Sieht man in die Ferne, kann man bereits ein weiteres Wahrzeichen Đà Nẵngs sehen: die „Lady Buddha“ Statue in der Linh Ung Pagode, 9 km vom Strand entfernt. Dabei handelt es sich um eine 67 m hohe Darstellung Guanyins, des Boddhisatvas des Mitgefühls. Als mütterliche Figur, bei der alle Wesen Zuflucht und Trost finden, ist Guanyin ein beliebtes Objekt der Anbetung in Ostasien. In ihrer Rolle als Meeresgöttin wird sie vor allem von Fischern und Seeleuten angebetet, darum ist die 2010 fertig gestellte Statue auch dem Meer zugewandt und wacht über die Bucht zu ihren Füßen.
Weithin zu sehen – die Lady Buddha Statue
Auf dem Weg zur Statue wollte ich ein weiteres Wahrzeichen Đà Nẵngs besuchen: den Green Lake. Dieser war zwar nicht so grün, wie ich erwartet (und in anderen Reiseberichten gelesen) hatte, jedoch trotzdem sehenswert. Bis auf ein paar angelnde Locals waren hier zur Mittagszeit keine Besucher.
Wer jedoch einen wirklich malerischen See zu Gesicht bekommen will, sollte den Weg zur Lady Buddha Statue zu Fuß zurücklegen und nach etwa 20 Minuten einen kleinen Wanderweg einschlagen. Dort, nahe der Bucht, konnte ich unweit der Hauptstraße fast unberührte Natur erleben. Überhaupt hat mir die Landschaft mit ihren Hügeln, Steilküsten und Nadelbäumen sehr gefallen – ein willkommener Kontrast zu den Palmen und Dschungeln, die ich bisher gesehen hatte.
Nach einer Schweiß treibenden, einstündigen Wanderung, bei der das lächelnde Antlitz Guanyins mich trotz unerträglich schwüler Hitze zum Weiterlaufen motivierte, war ich bei der Linh Ung Pagode angekommen. Der Tempelkomplex ist relativ neu und wurde erst 2010 fertig gestellt, auch wenn dort seit längerem ein buddhistischer Schrein steht. Hier kann man neben der Lady Buddha Statue auch den Hauptschrein sowie eine angrenzende mehrstöckige Pagode besichtigen.
Wo der Boddhisatva des Mitgefühls steht……kann auch der lachende Buddha nicht weit sein.
Nach dem Besuch des Tempels hatte ich das Gefühl, alle wichtigen Attraktionen Đà Nẵngs gesehen zu haben, und machte mich erschöpft, aber zufrieden auf den Weg zurück in mein Hostel. Mein finales Urteil?
Mir wurde von verschiedenen Seiten geraten, für das nahe gelegene Hoi An zwei oder drei Tage, für Đà Nẵng jedoch nur einen Tag einzuplanen. Diesem Ratschlag kann ich mich nicht anschließen. Đà Nẵng mag keine Touristenhochburg sein (zumindest noch nicht), bietet aber mit den Marmorbergen und der Linh Ung Pagode genug Aktivitäten für zwei Tage. Und wem nicht der Sinn nach Sightseeing steht, der kann auch einfach am wenig überlaufenen My Khe Strand entspannen oder über den Han Market schlendern. Đà Nẵng ist modern, sehr sauber und bietet moderate Preise. Mein einziges Manko, aber das kann man der Stadt kaum zum Vorwurf machen: Alles wirkt etwas zu groß für die tatsächliche Menge an Menschen. Damit meine ich nicht die Straßen: Diese sind auch hier zur Rush Hour vollgestopft. Ich meine eher die Fülle an Bars und Restaurants, die jedoch (zumindest unter der Woche) kaum besucht sind. Nach 22 Uhr fand ich nur eine Geisterstadt mit leeren Straßen vor, was am Wochenende anders sein mag, mich aber bei so einer Großstadt stark überrascht hat. Wer sich also mit einer Horde gleichgesinnter Backpacker ins Nachtleben stürzen will, ist in Ho-Chi-Minh-Stadt, Saigon, und sogar im unweit entfernten Hoi An besser aufgehoben. Trotzdem war Đà Nẵng für mich ein überraschend-lohnenswerter Stopp auf meiner Reise in den Norden Vietnams.
Weil ich schon einmal in Südvietnam war, wollte ich unbedingt das Mekong-Delta sehen, eine ausgedehnte Flusslandschaft, in der etwa 17 Millionen Menschen leben. Mich interessierte vor allem, wie die Menschen am und auf dem Fluss lebten, außerdem reizte mich die Landschaft und ich wollte einen schwimmenden Markt besuchen. Ein Tag erschien mir zu wenig – allein die Anreise von Ho-Chi-Minh-Stadt nach Cần Thơ dauert 4 Stunden – darum entschied ich mich für eine zweitägige Tour. Der Trip wurde von meinem Hostel organisiert, darum weiß ich den Namen des Veranstalters leider nicht. Es war irgendetwas mit „AN Travel“, sicher bin ich mir jedoch nicht mehr. Auf jeden Fall sollte die Tour 30 Euro für 2 Tage kosten, inklusive Unterbringung im Homestay, Mittagessen und Abendessen. Zumindest am ersten Tag waren also alle Kosten abgedeckt, aber dazu später mehr.
Los ging es von Ho-Chi-Minh-Stadt aus mit dem akklimatisierten Reisebus, in dem ich wieder einmal den Beifahrersitz ergattern konnte. Unser Reiseführer stellte sich als Liem vor, wir durften ihn jedoch auch Slim oder Handsome Slim nennen. Ähnlich ausgefallene Witze zogen sich in gebrochenem Englisch für den Rest der Tour fort. Erster Stopp war Vĩnh Tràng, eine beeindruckende Tempelanlage und Ort dreier großer Buddhastatuen. Diese stellte uns Liem als Buddha der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft vor. Viel mehr Informationen waren aus unserem Reiseführer nicht herauszukitzeln. Da mir diese Figuren jedoch auf meiner Vietnamreise noch häufiger begegnen sollten, habe ich einmal über deren Hintergrund recherchiert.
Dipankara, der Buddha der Vergangenheit – erlangte die Erleuchtung Tausende von Jahren vor dem jetzigen Buddha. Formt mit der Hand (seltsamerweise mit der linken) ein schützendes Handzeichen oder Mudra.
Der liegende Buddha – eine Darstellung des historischen Buddha Shakyamuni, kurz bevor er in das Parinirvana, das Nirvana nach dem Tod des Körpers, eintritt.„Smiling Buddha“ oder „Fat Buddha“ – diese Statue kennt man aus vielen chinesischen Restaurants in Deutschland. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um den historischen Buddha Shakyamuni, sondern um Budai, eine Verkörperung des Maitreya. Dieser soll in einer fernen Zukunft, wenn die Lehre des letzten Buddha auf der Welt vergessen ist, auftreten und alle Wesen zur Erleuchtung führen.Was für ein Anblick! Und der Tempel im Hintergrund ist auch nicht übel.
Nach dem Tempel fuhren wir mit dem Bus weiter und gelangten bald endlich zum Ufer des Mekong, wo wir auf unser erstes Boot stiegen. Weit kamen wir jedoch nicht. Unser nächster Stopp war Unicorn Island, eine kleine Insel, auf der wir Honigtee probieren sollten. Der Tee, serviert mit Trockenfrüchten, war wirklich gut, wenn auch etwas süß. Der Honig soll übrigens alle möglichen Beschwerden heilen, von Herzproblemen bis Impotenz…
Weiter ging es zur nächsten Insel, auf der wir tropische Früchte probieren durften. Die Kostprobe war wirklich gut, hier fiel mir jedoch bereits das Muster auf, nach dem diese Tour verlaufen sollte: Irgendwo hinfahren, kostenlos etwas probieren und dann zum Kauf animiert werden. Das hat etwas von Kaffeefahrt und erklärt wohl den günstigen Preis der Tour. Besonders gestört hat es mich jedoch nicht, da diese Dinge alle neu für mich waren und mich wirklich interessierten. Dennoch fühlte sich die Tour nach Massenabfertigung an: Alle Besucher werden wie durch eine Drehtür zu den gleichen Spots bugsiert, die Erfahrung ist für alle mehr oder weniger die selbe.
Gleich nach der Kostprobe folgte jedoch eine sehr schöne Etappe: Wir stiegen auf ein kleines Ruderboot um, bekamen einen Strohhut aufgesetzt und wurden durch einen schmalen Kanal zu einem größeren Arm des Mekong gepaddelt. Die Fahrt war trotz der schwülen Hitze sehr entspannend und der Anblick des hoch bewachsenen Flussufers reizvoll. Dafür verzieh ich auch gerne die Spritzer schmutzigen Mekong-Wassers, die ich abbekam.
Auf dem Hauptarm des Flusses angekommen, stiegen wir auf ein größeres Boot um und wurden – wie sollte es anders sein – zu einer weiteren Kostprobe gefahren. Diesmal sahen wir dabei zu, wie Kokosnuss-Bonbons hergestellt wurden und durften selbst welche probieren. Diese schmeckten mir so gut, dass ich dankbar eine Packung Bonbons erwarb, die mir vor allem auf der Zugfahrt nach Đà Nẵng das Leben retten sollten.
Leider recht verdreckt und unspektakulär – der Mekong in der Nähe von Mỹ Tho.
Anschließend erhielten wir auf der gleichen Insel unser Mittagessen, entweder Reis mit Schweinefleisch, das im Tourpaket inbegriffen war, oder ein Fischgericht für 200.000 (!) Dong. Danach folgte die Mittagspause – Zeit zur freien Verfügung. Ich sah mir die Krokodile an, die wohl vor vielen Jahren einmal frei im Fluss herum geschwommen waren, jetzt jedoch in einem – wie sollte es in Vietnam anders sein – sehr engen Becken gehalten wurden und zur Belustigung der Touristen mit Fleisch gefüttert wurden. Anschließend legte ich mich in eine der Hängematten, bevor unsere Fahrt weiterging.
Mit dem Bus fuhren wir weiter nach Cần Thơ, der größten Stadt im Mekong-Delta. Allerdings sahen wir nicht viel von der Stadt: Es war bereits früh am Abend und Zeit, in unsere Unterkunft zu gehen. Unsere Gruppe teilte sich in zwei Hälften: Die einen hatten ein Zimmer im Hotel gebucht (das praktischerweise der Organisation gehört, die auch die Touren anbietet), die andere Hälfte, zu der auch ich gehörte, war in einem Homestay untergebracht. Also ging es wieder auf ein kleines Boot, diesmal ein motorisiertes, und wir fuhren einen Nebenarm des Mekong entlang zu unserem Homestay. Die Fahrt hat mir gut gefallen, besonders weil außer dem Motor nur das Zirpen der Grillen zu hören war. In der abendlichen Dämmerung im Schatten der Baumwipfel hatte ich fast das Gefühl, wie in Apocalypse Now flussaufwärts ins Herz der Finsternis zu fahren. Unser Homestay entpuppte sich dann aber zum Glück nicht als finstere Absteige, sondern war sehr gemütlich, mit großen Zimmern, Moskitonetzen (die man so nah am Fluss auch braucht) und einem sehr leckeren Abendessen: Wir konnten unsere eigenen Frühlingsrollen mit Reispapier zubereiten, dazu gab es Gemüse, gekochten Fisch und Mango zum Nachtisch. Eine Flasche Reiswein für 40.000 Dong (1,43 Euro) in geselliger, internationaler Runde machte den Abend perfekt.
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, denn nach dem Frühstück um 06:00 Uhr stand noch ein Besuch des schwimmenden Marktes an: für mich einer der Hauptgründe, das Mekong-Delta zu besuchen. Vorgestellt hatte ich mir das:
Quelle: Wiki Commons
Bekommen hatte ich das:
Zugegeben: Der Reiseveranstalter hatte nicht zu viel versprochen: Es handelte sich definitiv um einen Markt, und die Verkäufer kamen mit Booten. Also war es ein schwimmender Markt. Natürlich war der Markt nicht so farbenfroh und traditionell wie das oben zu sehende Foto aus Thailand. Aber mal im Ernst – der Mekong ist ein großer Fluss und warum sollten die Händler noch mit kleinen Ruderbooten herumpaddeln, wenn sie ihre Ware mit Motorbooten viel schneller und einfacher an den Mann (und an Touristen) bringen können? Der Markt war trotzdem eine spassige Erfahrung: Viele Mangos und Kokusnüsse wanderten von den schwimmenden Verkaufsständen in unser Boot; ich gönnte mir einen Kaffee für 20.000 Dong (0,70 Euro) – auch nicht teurer als auf dem Festland. Unterhaltungswert hatte der Besuch des Marktes auch, da uns eine ältere vietnamesische Händlerin gute 10 Minuten von ihrem Boot aus beschimpfte, weil wir nichts bei ihr gekauft hatten. Ein Foto habe ich aus Sicherheitsgründen nicht gemacht – auf den Kamikaze-Angriff einer wütenden Seniorin mit anschließendem Bad im verdreckten Mekong konnte ich gerne verzichten.
Der schwimmende Markt ist nicht nur für Touristen – viele Einheimische kaufen und verkaufen dort Produkte.
Der schwimmende Markt war dann auch die letzte große Station an diesem zweiten Tag: Wir steuerten mit unserem Bus noch einen Rastplatz an, wo wir Delikatessen wie gebratene Froschschenkel und Schlange probieren und einen kleinen Becher Kokusnussschnaps versuchen konnten. Die Froschschenkel waren knusprig und ohne besonderen Eigengeschmack, der Kokusnusswein kräftig, aber mild. Anschließend ging es zu einer ausgedehnten Obstplantage, auf der unser Guide uns die verschiedenen (teilweise riesigen) Früchte zeigte, bevor wir – oh Wunder! – selbst ein paar Früchte erstehen konnten. Die Preise waren unverschämt hoch und die Händler ließen, anders als auf vielen vietnamesischen Märkten – nicht mit sich feilschen. Und warum sollten sie auch? Selbst wenn ich nichts kaufte – die nächste Reisegruppe voller Touristen mit vollen Geldbeuteln und nur vagen Kenntnissen des Wechselkurses war bereits auf dem Weg. So teilte ich mir eine Drachenfrucht für 20.000 Dong mit zwei Engländern und hatte so auch Geld gespart.
Örtliche Delikatessen – Froschschenkel, Schlange und getrockneter Fisch
Auf dem Rückweg nach Ho-Chi-Minh-Stadt machten wir wieder Halt beim Hotel, wo wir unser Mittagessen in einem Restaurant zu uns nahmen, das clevererweise dem gleichen Veranstalter gehörte. Eine andere Option gab es nicht, und zahlen mussten wir diesmal auch selber. Wie bei den Cu Chi Tunneln musste ich hier wieder über die Geschäftstüchtigkeit der Vietnamesen staunen: Wenn man wirklich Geld machen will, dann lohnt es sich wohl, alles aus einer Hand anzubieten: Touren, Restaurants, Hotels – dann lässt man den Gästen keine Wahl und kann die Preise diktieren. Fairerweise muss ich aber dazu sagen, dass die Preise im Restaurant nur leicht über dem Durchschnitt lagen und das Essen wirklich gut war.
Und so hinterließ mich meine Tour im Mekong-Delta auch mit einem deutlich positiven Gefühl, und das nicht nur aufgrund unserer tollen Reisegruppe. Ja, die Tour hat definitiv Kaffeefahrt-Charakter, und wenn man mehrere davon macht, wird es sich kaum vermeiden lassen, dieselben Touristenfallen mehrmals anzusteuern. Und dann kann es sicherlich ermüdend sein, sich zum fünften Mal anzusehen, wie Reispapier hergestellt und Papayas angebaut werden. Aber für mich war, wie gesagt, alles noch neu und so fügte ich mich der Tatsache, dass alles auf dieser Tour streng durchgetaktet war und ich keine eigenen Entscheidungen treffen konnte (oder musste). Auch das kann ganz angenehm sein und vermieste mir die Erfahrung im Mekong-Delta überhaupt nicht.
Die Flusslandschaft an sich ist auch durchaus interessant anzusehen, man sollte jedoch keine überwältigenden Naturkulissen erwarten, zumindest nicht überwiegend. Es handelt sich um eine hoch entwickelte, dicht besiedelte Region; dementsprechend ist der Mekong auch eine trübe, braune Kloake und stark zugemüllt. Einige Ecken auf unserer Tour waren jedoch ganz reizvoll und vor allem war es für mich als deutscher Flachlandbewohner faszinierend zu sehen, wie die Menschen an den Ufern dieser gigantischen Lebensader wohnen und arbeiten.
Wie schon erwähnt, spielt der Vietnamkrieg (1955–1975) immer noch eine wichtige Rolle im kollektiven Bewusstsein der Vietnamesen. Im War Remnants Museum in Ho-Chi-Minh-Stadt kann man sich über diesen Konflikt informieren. Wie das Leben im Krieg für die tausende Soldaten der nordvietnamesischen Armee in Südvietnam (Vietcong) aussah, erfährt man bei den Cu Chi Tunneln, 70 km von Ho-Chi-Minh-Stadt entfernt. Bei den Tunneln handelt es sich um ein Netzwerk, durch das nordvietnamesische Guerillas nach Südvietnam einsickerten. Mit seiner Nähe sowohl zum benachbarten Kambodscha als auch zu Saigon war das Tunnelsystem, das inmitten ausgedehnter Kautschukplantagen liegt, die ideale Basis für Angriffe auf die Hauptstadt Südvietnams. Dementsprechend hart umkämpft war das Gebiet. US-Amerikanische und südvietnamesische Soldaten versuchten mit allen Mitteln, die Tunnel zu lokalisieren und zu zerstören, während Vietcong-Kämpfer ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem übermächtigen Gegner spielten und dabei viel Einfallsreichtum an den Tag legten.
Die Auswahl an Touren ist groß: Ich entschied mich für die halbtägige Tour mit Vietnam Travel Group für etwa 15 Euro. Man kann auch Touren für mehr oder weniger Geld bekommen, ich fand den Preis jedoch angemessen. Abholung beim Hostel, akklimatisierter Van und ein Mittagessen waren im Preis inbegriffen und der Kaffeefahrt-Faktor (mehr dazu im Beitrag über die Mekong-Delta-Tour!) hielt sich in Grenzen. Auch war unser Guide, Joey, sehr freundlich, motiviert und kompetent.
Die Fahrt zu den Tunneln dauert je nach Verkehrslage 1–2 Stunden, wir machten jedoch einen Zwischenstopp bei einem Rastplatz – nicht nur, um den „Happy Room“ aufzusuchen, sondern auch um eine Kunstwerkstatt zu besuchen, die von Opfern des Entlaubungsmitteln Agent Orange betrieben wird. Die Invaliden stellen dort aus natürlichen Zutaten wie Eierschalen und Muschelschalen beeindruckende Kunstwerke her, die man im Shop des Atteliers käuflich erwerben kann.
Bei den Tunneln angekommen, die bereits mit Massen an hauptsächlich japanischen Touristen überfüllt waren, sahen wir uns zuerst eine „Dokumentation“ über die Geschichte der Tunnel während des Krieges an, die jedoch eher an Kriegspropaganda erinnerte und die Errungenschaften besonders ausgezeichneter „American Killer“ feierte. Eine ausgewogene Beleuchtung der Kriegsverbrechen beider Parteien sucht man hier, wie auch in Ho-Chi-Minh-City, vergebens. Danach führte uns Joey durch einen Kautschukwald und zeigte uns verschiedene Nachbauten aus der Kriegszeit. Sehr erschreckend fand ich die Fallen, die von den Vietcong-Soldaten gelegt wurden, um die amerikanischen Soldaten zu dezimieren – darunter getarnte Falltüren mit angespitzten Bambuspflöcken und tödliche schwingende Pendel.
Möchte man nicht an den Kopf bekommen – eine mit Nageln gespickte schwingende Kugel
Die Genialität der Nordvietnamesen beschränkte sich jedoch nicht auf das Legen von Fallen: Ausgeklügelte Belüftungssysteme, unterirdische Werkstätten und Küchen, sogar Schuhe, die verkehrt herum beschlagen waren, um den Gegner in die Irre zu führen, zeugen von einem Einfallsreichtum, der die größte Supermacht der Welt trotz technischer Überlegenheit nicht viel entgegen zu setzen hatte.
Auch einen zerstörten amerikanischen Panzer kann man besichtigen und erklettern.
Wenn man die Exponate abschreitet, kann man aus der Ferne bereits Schüsse hören. Diese stammen von einem Schießplatz, auf dem man selbst die Waffen aus dem Vietnamkrieg, darunter AK 47 und das amerikanische M60 Maschinengewehr ausprobieren kann. Für viele ist dies wohl ein Highlight der Tour – ich entschied mich jedoch dagegen. Zum einen fand ich den Preis von umgerechnet 25 Euro für 10 Patronen sehr teuer (weniger als 10 Kugeln sind nicht möglich); zum anderen hätte ich ein komisches Gefühl gehabt, in der Gegenwart eines Mitglieds unserer Tour – eines australischen Vietnamveteranen – mit Gewehren herumzuspielen, die er eventuell im Ernstfall benutzen musste. Der Schießstand war für mich auch ein perfektes Beispiel dafür, wie die Vietnamesen mit ihrer Kriegsvergangenheit umgehen: Einerseits werden die Kriegsverbrechen des Westens schonungslos und in ernstem Ton dokumentiert; andererseits hat man kein Problem, westliche Touristen bei einem Mahnmahl des Krieges „Rambo-Man“ spielen zu lassen, was die Ernsthaftigkeit der Geschichtsaufarbeitung etwas trübt. Man stelle sich einmal vor, französische Fremdenführer würden beim Denkmal der Schlacht von Verdun einen Schießplatz aufstellen und damit Geld verdienen. Doch das hier ist Vietnam und derselbe Einfallsreichtum, mit dem die Vietnamesen vor 40 Jahren die Feinde aus dem Land getrieben haben, spült heute das Geld in die Kassen der Tourismusindustrie. Und wer hätte schon das Recht, das zu kritisieren?
Während einige Mitglieder meiner Gruppe also ihren juckenden Abzugsfinger befriedigten, sah ich mir mit den Anderen an, wie Reispapier hergestellt wird – ein friedliebendes, nicht ganz passendes, aber interessantes Kontrastprogramm.
Auf Bambusmatten wird das Reispapier zum Trocknen ausgelegt.
Weiter ging es mit meinem persönlichen Highlight: Endlich durften wir selbst in die Tunnel steigen, in denen die vietnamesischen Kämpfer einst gelebt hatten. Die Tunnel wurden extra für westliche Touristen breiter gebaut, sind aber trotzdem so eng, dass man nur gebückt laufen kann. Die schwüle Hitze trägt zum beklemmenden Gefühl bei und nur 20 Meter im Tunnel brachten mich heftig ins Schwitzen. Dafür wurden wir nach unserem Aufstieg ans Tageslicht mit einer örtlichen Delikatesse belohnt: Dem Cu Chi Hamburger. Dabei handelt es sich um gekochte Manjok-Wurzel, ein Hauptnahrungsmittel der Vietcong-Kämpfer im Krieg. Mit gemahlenen Erdnüssen und Zucker auch gar nicht übel.
Bevor es zurück zum Van ging, zeigte uns Joey noch einen der Eingänge, durch die die Kämpfer damals die Tunnel betraten. Jeder von uns durfte sich einmal durch den engen Eingang zwängen und die getarnte Falltür hinter sich zumachen. Ein sehr enges Erlebnis, aber durchaus spaßig. Auf dem Rückweg nach Ho-Chi-Minh-Stadt erhielten wir schließlich unser Mittagessen und ich machte mich auf den Weg zum Hostel. Insgesamt kann ich die Tour nur empfehlen. Die Cu Chi Tunnel sind ein Muss, wenn man in Ho-Chi-Minh-City ist und eine wichtige Episode der Vietnamesischen Geschichte hautnah erleben will, anstatt sie nur im Museum kennen zu lernen.